Die wiedergefundene Zeit: Transhistorizität und Anachronie in Florian Illiesʼ1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte

بين التأريخ والمفارقة الزمانية: الزمن المستعاد في رواية فلوريان ايليس1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte

Le temps retrouvé: Transhistoricité et anachronie dans 1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte de Florian Illies

The retrieved Time: Transhistoricity and Anachrony in Florian Illies’1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte

Ali Aberkane

p. 41-54

Ali Aberkane, « Die wiedergefundene Zeit: Transhistorizität und Anachronie in Florian Illiesʼ1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte », Aleph, Vol 11 (2) | 2024, 41-54.

Ali Aberkane, « Die wiedergefundene Zeit: Transhistorizität und Anachronie in Florian Illiesʼ1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte », Aleph [], Vol 11 (2) | 2024, 30 December 2023, 16 October 2024. URL : https://aleph.edinum.org/10235

Florian Illies‘ Erzählung „1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte“, die 2018 erschienen ist, schildert markante Ereignisse kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs sowie die Desillusionen des intellektuellen Bürgertums im Kontext der europäischen Spätmoderne. Kennzeichnend für jenen Epochenkomplex ist seine anachronistisch-heterotopische Zeitkonstruktion, die sowohl auf einem transmedialen als auch multiperspektivischen Narrativitätsprinzip beruht. Diesbezüglich beruft sich Illies auf Marcel Prousts berühmtes Werk Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, das LeserInnen daran appelliert, jene Zeit angesichts ihrer eigenen „wiederzufinden“ . Daher lässt sich deren Historizität als intersubjektiver, transmedialer Textmodus begreifen. Hauptziel des vorliegenden Artikels ist es, die kaleidoskopische, mehrdimensionale und rhizomartige Darstellungsweise des Textes an den Tag zu legen. Darin liegen eine Zyklik und Symbolik der wechselnden Jahreszeiten, die den Effekt einer Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen hervorrufen. Daher lässt sich fragen, inwiefern Illies Geschichtsschreibung sich als Impetus einer epochalen, textuellen und medialen Grenzziehung begreifen lässt.

قصة فلوريان إيليس1913 . „Was ich unbedingt noch erzählen wollte“ ، التي نُشرت في عام 2018، تصور أحداثًا مهمة وقعت قبل بداية الحرب العالمية الأولى. وقد يشير النص كذلك إلى خيبة أمل البرجوازية الفكرية في سياق الحداثة الأوروبية، حيث يتميز ببناء غير متجانس، إذ يقوم على مبدأ سردي ذي طبيعة ترانسميدية ووجهات نظر متعددة. في هذا الصدد يشير الكاتب مرارًا وتكرارًا إلى العمل الأدبي الشهير لمارسيل بروست الموسوم بحثًا عن “الزمن المفقود„، الذي يحث القارئ على إعادة اكتشاف هذا العصر وإحياء سياقه. فتستبد تاريخية إيليس عبر وسائطها وبينية الذاتية. يتطرق هذا المقال إلى تحليل طريقة التمثيل متعددة الأبعاد والأصول التي تميز الكتابة التاريخية للكاتب. ومن خلال تلك الجوانب، يتطرق المقال كذلك إلى تحليل وتصنيف النمط التمثيلي للنص القائم أساسا على مفارقات زمنية سردية. وهناك تدوير ورمزية متعلقة بالفصول المتغيرة تخلقان في السرد نوعا من الزمن غير المتزامن. لذلك قد نتساءل إلى أي مدى يمكن فهم وتصوير الكتابة التاريخية لايليس على أنها دافع لترسيم تاريخي يتجاوز حدوده النصية و السياقية والوسطية؟

Le récit de Florian Illies „1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte“, paru en 2018, dépeint des événements marquants survenus peu avant le début de la Première Guerre mondiale, ainsi que les désillusions de la bourgeoisie intellectuelle dans un contexte de modernité européenne. Le texte se caractérise par une construction anachronique et hétérotopique du récit, qui repose sur un principe narratif de nature transmédiale et à perspectives multiples. À cet égard, Illies se réfère de manière récurrente au célèbre ouvrage de Marcel Proust, „À la recherche du temps perdu“, qui incite le lecteur à redécouvrir et à resituer cette époque par rapport à son contexte. L’historicité qui en découle est opérée par une textualité intersubjective et transmédiale. L’objectif principal du présent article est d’analyser le mode de représentation kaléidoscopique, multidimensionnel et rhizomique, qui caractérise l’écriture historiographique d’Illies. Il y a là une cyclicité et un symbolisme des saisons changeantes qui créent l’effet d’une simultanéité du non-simultané. On peut donc se demander dans quelle mesure l’historiographie de l’auteur peut être comprise comme l’impulsion d’une démarcation époquale, textuelle et médiale.

Florian Illies’ story “1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte”, which was published in 2018, depicts striking events shortly before the outbreak of the First World War, but also the disillusions of the intellectual bourgeoisie in the context of European modernity as well. One of the characteristics of the text is its anachronistic-heterotopic construction of time, which is based on both a transmedial and multi-perspectival principle of narrativity. In this regard, Illies refers to Marcel Proust’s famous work“ In Search of Lost Time” in a recurrent manner, which appeals to the reader in order to rediscover this pre-war period in its context. Therefore, Illies’ historicity can be regarded as an intersubjective, transmedial textual mode. The aim of this article is to focus on the kaleidoscopic, multidimensional and rhizome-like mode of representation of History in the text. It depicts a cyclicality and symbolism of the changing seasons that illustrate the contradictory effect of the contemporaneousness of the uncontemporary. Therefore, the question may be asked whether the author’s historiography can be considered as the impetus of an epochal, textual and medial demarcation.

„Die Erinnerung versetzt selbst die Vergangenheit in die[se] Zukunft […]“ (Lévinas 2012: 210)

Einleitung

Florian Illies‘ Erzählung „1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte“ 1, die 2018 im Fischer Verlag erstmals erschienen ist, gilt als „Nachtext“ für sein 2012 bereits veröffentlichtes Werk „1913“. Der Sommer des Jahrhunderts.2 Beide Texte gelten als Kompendien, die die markanten Ereignisse jener Vorkriegszeit in anekdotischer Form schildern. Der Grund dafür liegt wohl im symbolhaften Datum „1913“, das sich im Lauf der einander fragmentarisch nachfolgenden Mikroerzählungen als transhistorische Chiffre entpuppt. Kennzeichnend für die zweite, hier zu untersuchende Erzählung sind sowohl deren Anachronie als auch ihre heterochronischen Topoi, die die konstruktivistische Zeitstruktur dieses Erzählkomplexes ausmachen. Dementsprechend liegt die narrative und diskurspoetische Tragweite ihrer Temporalität im Zusammenhang mit einer remythisierten Proust’schen Suche nach der verlorenen Zeit.

Der hier nachgegangene Text erweist sich somit als historisches bzw. kulturgeschichtliches Medium, das den Modus Historizität als intersubjektives, transmediales Experiment begreifen und wahrnehmen lässt. Ziel des vorliegenden Artikels ist es u.a., dessen mehrdimensionale und rhizomartige Narrative an den Tag zu legen. Die ihnen zugrunde liegende Zeitlichkeit wird in Gestalt einer Jahreszeitsymbolik repräsentiert, die sich der Logik einer maschinellen Zyklik und historiografischen Linearität entzieht. Von diesen Prämissen ausgehend lässt über Illies‘ historiografisches Schreiben als Impetus einer epochalen Grenzziehung fragen. Letztere setzt eine Wechselbeziehung von „Zeitraum und Raumzeit“ (vgl. Günzel 2010: 60) in den Mittelpunkt seiner historischen Reflexion.

Illies 1913 setzt demzufolge die Geschichtsschreibung fiktionaler Art wieder in Perspektive, wobei ihre wesentlichen Erzählmomente auf allegorische Art und Weise die Konturen eines hypertextuellen „Zeitmuseums“ annehmen. Hiermit ist zu behaupten, dass die dadurch hervorgerufene Ästhetik eines chaotischen chronos ebenfalls im Zeichen einer sich entgrenzenden Poetik des Historischen liegt. Sowohl ihre schillernden Zeitbilder als auch die stark collagierte und montageartige Textstruktur in Illies Erzählung vermögen weitere transtextuelle Zwischenräume zu konstituieren, die im vorliegenden Beitrag in Anbetracht einer imaginären bzw. imaginierten Historizität analysiert werden sollen.

1. Imaginierte Historizität und transhistorische Konstruktivität

Florian Illies Erzählung liegt ein Konstruktivitätsprinzip historiografischen Schreibens zugrunde. Dementsprechend legt der Autor das Augenmerk auf die kulturellen Spezifitäten des historischen Signums „1913“, und zwar anhand einer multimedialen Perspektivierung historischen Gedächtnisses, aus der sich ein Kulturgedächtnis und der Faktizitätscharakter des Textes hervorbringen lassen. In Anlehnung an Astrid Erlls und Ansgar Nünnings Gedächtniskonzept besteht eine strukturelle Verwobenheit zwischen medialer Konstruktivität, Historizität und Kulturspezifität, die Illies‘ 1913 gleichfalls durchzieht und charakterisiert:

„[…] Konstruktivität, Historizität und Kulturspefizität – sind damit auf das Engste miteinander verwoben: Medien und ihre Benutzer erzeugen und perspektivieren kollektives Gedächtnis. Aber sie tun dies immer in ganz spezifischen kulturellen und historischen Kontexten. Ob und welche Vergangenheitsversionen, Werte oder Identitätskonzepte durch ein Gedächtnismedium konstruiert werden, hängt auch maßgeblich davon ab, wie es erinnerungskulturell situiert ist.“ (Erll / Nünning 2004: 19)

Wie bereits verkündet, nimmt das historisch-leitmotivische Signum 1913 in Florian Illies Erzählung die Konturen einer Jahreszeitkomposition an, die auf intermedialer und symbolischer Ebene Antonio Vivaldis berühmtes Werk (der vier Jahreszeiten) stark evoziert. Schon der Vortext kündigt die historiografische Poetik des Autors an, die am ersten Blick den vermeintlichen Eindruck einer linear ablaufenden Zeitgeschichte erweckt, die sich später jedoch als fragmentarische, sich zerstreuende Textkonstruktion erweist. Dabei geht es also kaum um eine „maschinell“ zu rekonstruierende Historizität: Es handelt sich eher um eine vom Imaginären des Autors durchdrungene Erzählweise, deren Textualität bildhaft ist. Es ist die Suche nach dieser anderen, von der offiziellen Historiografie kaum oder nicht erzählten Zeit, die anhand einer Analepse anachronistisch wieder vergegenwärtigt wird:

„In dieser Silvesternacht, in den Stunden zwischen dem 31. Dezember 1912 und dem 1. Januar 1913, beginnt unsere Gegenwart. Es ist für die Jahreszeit zu warm. Das kennen wir ja. Sonst kennen wir nichts.“ (1913: 9).

Die Konstruktivität des Textes weist starke Ähnlichkeiten mit der Technik des Tagebuchschreibens auf, sodass der anekdotische Gehalt der Erzählung makrohistorische „Tatsachen“ mit zu reflektieren vermag, deren akribischer Charakter selbstreflexive und selbstreferentielle Momente des Textes zugleicht veranschaulicht. Auf diese Weise erhält 1913 als fiktionalisierte „Chronik“ sogar die Aspekte einer märchenhaften, auf die traditionellen Novellenzyklen Das Dekameron und Tausendundeine Nacht zurückgehenden Erzähltechnik, die im Text teilweise parodiert wird. Es ist zudem zu bemerken, dass seine Narration transkulturelle Akzente aufweist und Texttraditionen orientali(sti)scher und abendländischer Provenienz mit- und ineinander verschmelzen lässt. Über den Jahrmarktskünstler und Hochstapler Otto Witte (siehe Wähner: 2019) als „König von Albanien“ (1913: 53), kurz vor dem Einbruch des 1. Weltkrieges, heißt es:

„Unverzüglich reiste der frischgekrönte König nach Tirana, wo der Palast für ihn vorbereitet wurde, wegen der Eile war zwar noch keine Bürokratie vorhanden, wohl aber gelang es den Albanern, dem König über Nacht einen Harem mit elf bildschönen Frauen zur Verfügung zu stellen. Und da 1913 in Wahrheit natürlich ein Buch über Liebe ist, genoss Otto Witte aus Berlin-Pankow immerhin vier von tausendundeiner (sic) Nächten in vollen Zügen. Im Morgengrauen des fünften Tages jedoch ging in Tirana ein Telegramm aus Konstantinopel ein, in dem sich der wahre Prinz Halim Eddin meldete und wutschnaubend erklärte, dass ein Betrüger unter seinem Namen König spiele.“ (Ebd.: 54)

Illies Erzählweise wohnt eine Ambivalenz inne, aus der eine hyper- und metatextuelle Vermengung von Faktualem und Fiktivem hervorgeht. Des Weiteren überlagern oder durchkreuzen sich sowohl Zeitebenen als auch verschiedene Texte und Gattungen, die dem Text „rhizomatische“ Textur immanent verleiht und auf eine Zeitursprünglichkeit zugleich performativ hindeutet, nämlich als Appell, die Geschichte im Sinn von Walter Benjamin „gegen den Strich zu bürsten“ (Benjamin 1974: 697). Daraus ergibt sich eine surreale Darstellungsweise, deren epochale Kon-textualität und Grenzen um die Jahrhundertwende sich aufsprengen lassen und in eine Jetzt-Zeit wiederkehren:

„Alles ist neu im Jahr 1913. Überall werden Zeitschriften gegründet die die Uhren auf null drehen wollen. Während Maximilian Harden schon seit 1892 in seiner Zeitschrift ‚Die Zukunft‘ dieselbige für sich reklamiert, nimmt sich die nächste Generation die Gegenwart vor. […] Dafür schreibt dort, also in Heft Nr. I, der junge Walter Benjamin. Was für ein symbolischer Start, was für ein symbolisches Ende einer „Berliner Kindheit um Neunzehnhundert“ (1913: 15)

Daraus lässt sich erschließen, dass Illies dokumentarisches Schreiben auf metahistorischen Momenten beruht und ein Ursprünglichkeitsprinzip einbezieht, da die vorige intertextuelle Schlüsselpassage sozusagen auf die „Stunde null“ der Jahrhundertwende anachronistisch hindeutet. Die Simultaneität ihrer Momente münden in eine Jetztzeit, die beim Leser einen fingierten Selbsterlebniseindruck auslöst.

2. Anekdotismus, Polyphonie und Dezentrierung des historischen Subjektes

Kennzeichnend für Illies historiografischen Almanach 1913 ist ebenso der starke Heterogenitätscharakter der im Laufe der Lektüre akut werdenden Geschichtsstimmen und deren Anekdoten, aber auch ein sich progressiv dezentrierendes historisches Subjekt. Die Repräsentativität des Zeitgeistes, die auf einem metachronologischen Darstellungsprinzip beruht, wird übrigens polyphonisch artikuliert und affirmiert. Zu diesem Zweck lässt der Erzähler in seinen vier Jahreszeiten mehrere Stimmen sich melden, nämlich durch faktuale, ikonoklastische Figuren der europäischen Intelligentsia. Im Sinn des New Historicism zeichnet Florian Illies somit ein kulturgeschichtliches Epochenbild anhand von einander durchkreuzenden Anekdoten. Trotz ihrer subjektiv-monologischen Dimension, ergibt sich daraus ein kollektives Bild der sogenannten ‘Belle Époque’, die eine entscheidende weltgeschichtliche Wende markiert. Aus einer parodistischer Sicht her betrachtet, korrespondiert jene Phase mit der avantgardistischen Wiener Moderne, die dem historischen Diskurs Illies eine kaleidoskopische Form zuschreibt. Insofern lässt sich die Moderne im Text als transmediale und konstellationsreiche Größe dekonstruieren, wie es die folgende Textstelle veranschaulicht :

„Picasso […] malt die Zwischenräume und er malt die Luft über den Dächern und über dem Meer. Um ihn herum im fernen Europa, da tobte die Moderne, überall robbten sich die Maler immer weiter an die Abstraktion […] Doch Matisse, dieser weise Mann von 45 Jahren, wusste, dass die Abstraktion eben nicht der einzige Weg in diese Moderne ist. Sondern dass es daneben immer auch sonnenbeschienene Pfade aus der Vergangenheit gibt, die genauso in die Zukunft führen“. (1913: 46)

Weiterhin lässt sich der Modus Geschichte in Form einer wechselseitigen, neohistorischen Dynamik von Textualität der Geschichte und Geschichtlichkeit literarischer Texte (vgl. Gallagher / Greenblatt 2000: 14)3 wahrnehmen. Marcel Prousts Recherche ist dafür sinnkonstitutiv, indem der Autor nicht nur die tumultuöse Entstehungsgeschichte dieses berühmten Textes evoziert, sondern jenes Zeitmotiv auf metahistorischer Ebene verschiebt und den Leser in die soziokulturellen Schreibvoraussetzungen des berühmten französischen Autors selbst zurückversetzt. Der Unendlichkeitscharakter seines palimpseste-artigen Titanwerks wird auch unterstrichen: Die Madeleine seiner Kindheit lässt sich sogar als onirische Textmetapher deuten:

Marcel Proust musste nun aber nicht ganz so lange warten, bis er doch noch einen Verleger fand für ‚Die Suche nach der verlorenen Zeit‘ […]. Aber wenig später beginnt Bernard Grassets Alptraum. […] Proust lässt keinen Stein auf dem anderen, überschreibt mit Tinte das gesamte gedruckte Manuskript einmal, zweimal, dreimal, klebt daneben zusätzliche Passagen aus anderen Druckfahnen und streicht ausgiebig. Selbst seinen legendären ersten Satz, dieses ‚Lange Zeit bin ich früh schlafen gehen‘, streicht er erst einmal komplett durch, um ihn dann wenig später reumütig per Hand doch wieder neben die Streichung zu schreiben und mit Ausrufezeichen zu versehen. (1913: 62-63)

Der intersubjektive Gehalt von Illies multireferentieller Geschichtskonstruktion ist beispielsweise im Hinweis auf die facettenreiche Intellektuellenszene, genauer gesagt, auf Igor Strawinskys musikalische Komposition, erkennbar. Bemerkenswert sind die im Text gezogenen Parallelen und Entsprechungen zwischen Musik, Freud’scher Psychoanalyse und futuristischer Lyrik, aus denen ein facettenreicher Komplex der Moderne hervorgeht. Symptomatisch für das signifikative Jahr 1913 ist jene kollektive Neurose bzw. „Neurasthenie“ (1913: 67), deren paradoxale schöpferische Seite im Frühling desselben Jahres ihren Höhepunkt frenetisch erreicht. Auf diese Weise kommt die Moderne im Text als kollektive, euphorische „Zelebration“ einer neoromantischen Genie-Zeit, und zugleich als sich dezentrierendes kollektives Subjekt vor.

„Und mit einem neuen Tempo, das dem Rhythmus der Maschinen entspricht, den Propellern der Flugzeuge, den Gedichten der Futuristen. Strawinsky entdeckt mit Tönen, was Sigmund Freund parallel in den Gemütern findet, in seinem bahnbrechenden Buch ‚Totem und Tabu‘ an dem er in diesen Tagen schreibt: ‚Übereinstimmung im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker‘.“ (1913: 106-107)

Von den vorigen Aspekten ausgehend kann man feststellen, dass die Moderne in Illies‘ Erzählung nicht aufgrund ihrer angeblichen Homogenität präsentiert wird. Der Akzent wird eher auf die heteroklitischen Komponenten ihrer Sinnstruktur gelegt, sodass sie sich als komplexes, intersubjektives und dialogisches Gewebe erweist.

3. Das Zusammenspiel von Anachronie und Heterochronie

Bereits in seinen 1967 gehaltenen Radiovorträgen bezeichnete Foucault die Heterotopien als Räume der Andersheit, deren Zeitlichkeit ebenfalls heterochron geprägt, auf eine andere Zeit ja angewiesen ist. Demnach erweist sich die Zeitstruktur in Illies‘ Erzählung als brüchig, die die hier besprochene Epochenschwelle multiperspektivisch und jenseits traditionell etablierter historiografischer Metadiskurse schildert. Es sind jene anderen, (angeblich) nicht erzählten Geschichten, deren Stattfinden im Rezeptionsakt seitens der LeserInnen vergegenwärtigt werden soll. Foucault zufolge sind derartige Heterochronien die conditio sine qua non für das Zustandekommen von Heterotopien, die ebenfalls in 1913…markante Darstellung finden:

Heterotopien stehen meist in Verbindung mit zeitlichen Brüchen, das heißt, sie haben Bezug zu Heterochronien, wie man aus rein symmetrischen Gründen sagen könnte. Eine Heterotopie beginnt erst dann voll zu funktionieren, wenn die Menschen einen absoluten Bruch mit der traditionellen Zeit vollzogen haben. […] In Gesellschaften wie der unsrigen sind Heterotopien und Heterochronien generell vergleichsweise komplex organisiert. (Foucault, in: Dünne / Günzel 2012: 324)

Die Dekonstruktion der Moderne erfolgt im Text mittels anachronistischer als auch heterochronischer Momente, sodass die konstruktivistischen Züge jener anderen Moderne in ihrer postmodernen Pluralität dargelegt werden. Solche Phänomenalität der Zeit, die Illies Narration ähnlicherweise innewohnt, bezeichnet Paul Ricœur in Anlehnung an Gérard Genettes Erzähltheorie als anachronistische Variationen (vgl. Ricœur, 1984: 124). Bemerkenswert ist ebenfalls Genettes analoger Bezug auf Marcel Prousts ‘Suche’ nach der verlorenen Zeit, deren poetisches Prinzip in Illies Geschichtsschreibung gewissermaßen zwecks einer intersubjektiven Zeitrekonstruktion reproduziert wird. Der Autor stellt – genauso wie in Prousts Recherche, und wie bereits verkündet – den Zeitkomplex ‘1913’gewebeartig dar, der sich trotz seiner Heterogenität in der Gestalt einer epochalen, „ekstatischen“ Anachronie kristallisiert. Genette stellt in diesem Zusammenhang fest:

„L’importance du récit anachronique‘ dans la Recherche du temps perdu est évidemment liée au caractère rétrospectivement synthétique du récit proustien, à chaque instant tout entier présent à lui-même dans l’esprit du narrateur, qui — depuis le jour où il en a perçu dans une extase la signification unifiante — ne cesse d’en tenir tous les fils à la fois, d’en percevoir à la fois tous les lieux et tous les moments, entre lesquels il est constamment à même d’établir une multitude de relations ‚télescopiques‘.“ (Genette 1966: 731)4

Von diesem „anachronistische[n] Wissen“ (Angehrn 2017: 92) ausgehend veranschaulicht der Autor eine Nietzscheanische Dynamik der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen (vgl. Angehrn 1996: 67), indem der hier dekonstruierte Epochenkomplex über die Grenzen seiner diachronen Kontinuität hinausgeht. Anders gesagt, handelt es sich um die wiedergefundene, rekonstruierte Symbiose ihrer konstitutiven Elemente und Momente, aus denen kein homogenes Ganzes mehr resultieren kann. Insofern erweisen sich die Ersteren als heterogene Konstellation. Illies metachronologische Zeitgeschichte gleicht Wolfgang Welsch zufolge einer „postmodernen Moderne“ (Welsch 2008: 296), deren „Zerstreuung“ mittels einer Transzendenz-Metapher symbolisiert wird. Ihre chronotopischen Aspekte weisen zwar eine relative Simultaneität, sind aber keinesfalls identisch. Der Narrativik des Autors liegt ein Entgrenzungsimpetus, der die diversen und ambivalenten Konfigurationen der Moderne zur Schau stellt, zugrunde:

„Das Abheben vom Boden, das war ein radikaler, fundamentaler Akt der Moderne. Gleichzeitig suchte Freud nach den archaischen Ritualen in seinem BuchTotem und TabuStrawinsky in seinen hämmernden Trommelgesängen inLe sacre du printemps‘ und Ernst Ludwig Kirchner in seinen Holzskulpturen, die er aus den Planken schnitt, als stammten sie von fernen Südseeinsulanern. Doch das waren keine Gegensätze mehr. Alles geschah simultan in diesem Jahr, die Vergangenheit und die Gegenwart und die Zukunft wurden unauflöslich miteinander verschränkt in den Jahrhundertromanen“. (1913: 269)

Auf die Wiener Moderne wird in der Erzählung mehrmals verwiesen. Aus repräsentativer Sicht wird Hugo von Hofmannsthals berühmter „Die Welt von gestern“ (1913: 12) bereits im Textanfang erwähnt, so dass der Text metahistorische und -textuelle Akzente erhält. Dabei lässt sich eine Verquickung von Historizität und Literarizität wiederum feststellen, sodass Vergangenes anhand adverbialer Mittel wie ‚jetzt‘ oder ‚hier‘ vergegenwärtigt wird. Das Hier und Jetzt von Hofmannsthals Dichtung ist intertextuell motiviert. Die folgende Schlüsselpassage mag auf die vielschichtige, re-konstruierbare Zeitlichkeit des Komplexes ‚Moderne‘ sowie auf einen Epochenwechsel anachronistisch hindeuten. Bezeichnungen wie „alte[n] Zeiten“ oder auch „Welt von gestern“ symbolisieren wiederum den Höhepunkt jenes Genie-Zeitalters:

„Mit jungen Jahren war Hofmannsthal zu einer Legende geworden, seine Verse verzückten Europa, Stefan George, Georg Brandes, Rudolf Borchardt, Arthur Schnitzler, sie alle gerieten in den Bann dieses Genies. Doch Hugo von Hofmannsthal trug schwer an der Bürde des Frühvollendeten, er publizierte quasi nicht mehr, und jetzt, 1913, war er ein fast vergessener Mann, ein Relikt aus alten Zeiten, aus der ‚Welt von gestern‘ und so gründlich vergangen wie die Gesellschaft, deren Wunderkind er gewesen war.“ (1913: 12)

Es stellt sich heraus, dass Florian Illies Zeitpoetik bzw. Geschichtsschreibung als metazeitliche Kategorie erweist. Ihre Zeitkomposition deutet wieder auf eine andere, (noch) nicht-erzählte Zeitgeschichte hin. Aufgrund der daraus hervorgehenden Ambivalenz zwischen Faktizität und Fiktionalität lassen sich die kontextuellen und chrono-logischen Grenzen des Textes auflösen.

4. Zwischen Fragmentarität und dokumentarischer Narrativität

Ein weiterer Grundaspekt von Illies historischer Kulturpoetik besteht sowohl in der Fragmentarität der Erzählstruktur als auch in der Berufung auf eine dokumentarische Narration, die den Modus ‚Geschichte‘ kaleidoskopisch erscheinen lässt. Dies bedeutet, dass Geschichte bei Illies als konstruktivistische Kategorie fungiert und eine Grenzziehung gattungspoetischer Art veranlasst. Mit anderen Worten: Dem chiffrenhaften Text 1913 liegt ein dokumentarisch-essayistischer Gehalt, der zugleich auf Fiktionalisierungsverfahren beruht, zugrunde.

Bemerkenswert in Illies‘ Narration ist eigentlich die Fragmentarizität seiner Textkomposition, die im Lauf der Erzählung die Züge einer écriture fragmentaire annimmt. Diese ist nicht nur an der Textorganisation der vier Jahreszeitabschnitte, sondern auch an der Konstruktivität seiner Geschichtsschreibung überhaupt erkennbar. In Anlehnung an Alain Robbe-Grillets Theorie des Nouveau-Roman, genauer an sein Sujet-Konzept (siehe Robbe-Grillet, 22012: 114), setzt Christina Schaefer die vorigen Aspekte mit seiner konstruktivistischen Poetik in Verbindung, die wir in Illies‘ 1913… aufgrund einer durchaus labyrinthischen, heterogenen Vertextung erkennen können. Dies ruft den Gedanken hervor, Geschichte sei nie abschlossen. Auf diese Weise ist sie stets auf ein Unendlichkeitsprinzip ihrer vielfältigen Narrationen angewiesen und verweigert sich jeglichem Determinismus. Schaeffer stellt noch dazu fest :

„In seiner écriture du fragment setzt er [d.h. Robbe-Grillet] auf den Einbau von Aporien, Brüchen, unlösbaren Widersprüchen und inkompatiblen Varianten, auf serielle Strukturen und das passé composé als Tempus der Unabgeschlossenheit – also durchaus bewährte Verfahren seiner Poetik. […] Auch wenn diese nun unter einem neuen Leitbegriff der Fragmentarizität, als ‚mark[s] of fragmentation‘, erscheinen […]“ (Schaefer, 2013: 113)5

Ein anderes sinnkonstitutives Erzählelement liegt in dem doppelten Bildlichkeitscharakter des Textes, der ebenfalls auf avantgardistische repräsentative Kunstwerkbilder verweist. Prägnant für die Epochenschwelle 1913 ist das Bild der Geschichte als Lokomotive, nämlich „das surreale Verkeiltsein zwischen sicherem Gleis und sicherem Tod einer fortschrittsgläubigen und technikgläubigen Gegenwart: das ist das Bild des Jahres 1913.“ (1913: 153). Dies tritt bereits in Erscheinung am Beginn des Sommerabschnittes, genauer auf Seite 130, wo das Bild einer entgleisten, in der Luft teilweise hängenden Lokomotive steht. Diese bildliche Repräsentation verkündet nicht lediglich einen am 25. Juli über der Ems und über dem Abgrund erfolgenden Unfall, sie enthält ebenfalls eine doppelbödige Allegorie. Einerseits versinnbildlicht sie die symbolische „Entgleisung“ bzw. Dekadenz des in den Ersten Weltkrieg bald einstürzenden Europa. Andererseits suggeriert dieselbe die Diskontinuität, oder auch unmögliche Linearität der Zeit als Lokomotive, wobei der damit allegorisch suggerierte Fortschrittsglaube bis zu einem gewissen Punkt stabil scheint, dessen frenetischer Rhythmus jedoch wegen des unvermeidlichen Hindernisses (der unterbrochenen Gleisanlage) abrupt unterbrochen wird.

Jene Bildlichkeit indiziert auch eine transmediale Dimension, die dem Bildlichkeitsmodus des Textes sogar eine poetische Tragweite zuweist. Die daraus hervorkommende Zeitwahrnehmung lässt sich aufgrund einer experimentellen Bildlichkeit nachvollziehen, die im Abschnitt Winter mit der revolutionären Entwicklung der Fotografie und den symbolischen Schattenseiten der Epoche zusammenhängt. Florian Illies Schreibweise entspricht ähnlicher Weise dem im selben Abschnitt transmedial dargestellten Autochromverfahren, das die ursprünglichen Bildfarben jener Zeit restituiert, indem es sich auf die eklektische, selbstreflexive dokumentarische Erzählweise des Textes expressionistisch übertragen lässt:

„‚Noch einmal vorm Verhängnis blühn‘, so dichtet Gottfried Benn in genau der Zeit, als diese Fotografie entstand. Es sind Lotte und Edeltrude, die Töchter des Fotografen Heinrich Kühn, der sie tatsächlich im Jahre 1913 so in Farbe abgelichtet hat auf einem von ihm erfundenen ‚Autochrom‘. ‚Ablichten‘, was für ein schönes altmodisches Wort. Im Falle von Kühn aber stimmt es, denn er experimentierte viel, mit der Kamera, mit dem Papier, um als einer der Ersten mit der Kraft des Lichtes wirklich Farbfotografien zu schaffen. […] Wie Sandfotos aus Adalbert Stifters ‚Nachsommer‘ ‚[…] Lotte, geboren 1904, und Edeltrude, geboren 1897, wussten nicht, dass sie Bannerträgerinnen dieser kleinen Revolution der Mentalitätsgeschichte waren (der geheime Beitrag der Elternzeit zur globalen Fotografiegeschichte, Teil I).“ (1913: 23)

Von den vorigen Annahmen ausgehend lässt sich schlussfolgern, dass Illies‘ transhistorischer Erzählung ein unverkennbarer Konstruktivismus innewohnt. Der dokumentarische Gehalt seines Schreibens stützt sich auf eine transmediale Kombinatorik, die den Modus ‚Geschichtsschreibung‘ nicht nur intersubjektiv zustande kommen lässt, sondern eine Offenheit der narrativen Form als écriture fragmentaire in den Mittelpunkt rückt. Das daraus hervorgehende kompositorische Prinzip liegt ebenso im Zeichen einer multimodalen Grenzüberschreitung, die die mosaikartige Sinnstruktur des epochalen Komplexes ‚1913‘ auf verschiedenen Ebenen schillern lässt.

Fazit

Florian Illies Erzählung 1913 lässt sich sowohl als kulturanthropologischer als auch zeitgeschichtlicher „Almanach“ lesen. Seine multiperspektivische, vielstimmige und transmediale Chronik überschreitet die chrono-logischen Grenzen traditioneller Geschichtsschreibung. Anders gesagt, sie erweist sich somit als anachronistischer und transhistorischer Epochenkomplex, der auch den Modus ‚Geschichtsschreibung‘ neu erscheinen lässt. Ihre eklektische, dokumentarische Narrativität versteht sich als gattungspoetische Grenzziehung, die auf eine imaginäre bzw. imaginierte Historiografie gegen den Strich hingewiesen ist. Illies Erzählung rehabilitiert die von und in der tradierten Historiografie verschwiegenen Stimmen: Sein Text erweist sich somit als polyphones, transhistorisches Gewebe, das das Wechselspiel einer anderen Zeit und Zeit des Anderen, von nicht-erzählten Geschichten verbildlicht. Auf diese Weise setzt sich Illies Anekdotismus gegen eine monolithische Geschichtsauffassung, die sich demnach als anachronistischer sowie heterochronischer Konstruktionsprozess versteht. Dies erfolgt im Zeichen einer obsessionellen Proust’schen Zeitsuche, deren Bildlichkeit im Lauf der Lektüre kaleidoskopisch, fragmentarisch wirkt. Diese umfasst konstellationsartige Zeitbilder, aus deren Zusammenstellung sich das mosaikartige gesamte Epochenbild einer ausgehenden europäischen Spätmoderne ergibt. Illies 1913-Chronik oszilliert zwischen starkem historischem Realismus und einem poetisch-fiktionalen Darstellungsmodus, sodass sich die Erstere weder in die eine oder andere Kategorie einreihen lässt. Wie bereits verkündet, offenbart der Text die Konturen eines ästhetisierten Almanachs, der verschiedene Bildlichkeitsformen kombiniert. 1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte gleicht der „Zeitdiagnostik“ einer mit Ausbruch des 1. Weltkrieges zu Ende gehenden Spätmoderne, deren Krise die Prämissen der sogenannten „Posthistoire“ signalisiert.

1 Im Folgenden als „1913…“ abgekürzt.

2 Das Buch ist erstmals beim Fischer Verlag erschienen.

3 Aus einem dekonstruktivistischen Gesichtspunkt heben beide Theoretiker des New Historicism das Primat von literarischer Textualität (des

4 Auf Deutsch heißt es etwa: Die Bedeutung der anachronistischen“ Erzählung in der Suche nach der verlorenen Zeit hängt offensichtlich mit dem

5 Hervorhebungen im Original.

Angehrn, Emil. 1996. Die Überwindung des Chaos: Zur Philosophie des Mythos. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Ders. 2017. Sein Leben schreiben: Wege der Erinnerung. Frankfurt am Main: Klostermann.

Benjamin, Walter. 1974. „Über den Begriff der Geschichte“ . In: Ders. Gesammelte Schriften I. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Dünne, Jörg / GÜNZEL, Stephan (dir.). 2012. Raumtheorie: Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaften [2006]. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Erll, Astrid / Nünning, Ansgar (dir.). 2004. Medien des kulturellen Gedächtnisses: Konstruktivität – Historizität – Kulturspezifität. Berlin ; New York: De Gruyter.

Gallagher, Catherine / GREENBLATT, Stephen. 2000. Practicing New Historicism. The University of Chicago Press: Chicago.

Genette, Gérard. 1966. Figures III, in: Ders. Œuvres complètes. Paris: Seuil.

Günzel, Stephan (dir.). 2010. Raum: Ein interdisziplinäres Buch. u. M. v. Franziska Kümmerling. Stuttgart; Weimar: Metzler Verlag.

Illies, Florian. 2012. 1913. Der Sommer des Jahrhunderts. Frankfurt am Main: Fischer Verlag.

Ders. 2018. 1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte. Frankfurt am Main: Fischer Verlag.

Lévinas, Emmanuel. 2012. Die Spur des Anderen: Untersuchungen zur Phänomenologie und Sozialphilosophie [1983]. 6. Aufl. Übers., hrsg. u. eingel. v. Nikolaus Krewani. Freiburg / München: Verlag Karl Alber.

Ricœur, Paul. 1984. Temps et récit: La configuration du temps dans le récit de fiction. Paris: Seuil. 2 volumes.

Robbe-Grillet, Alain. 2012. Pour un nouveau roman. [1963]. Paris: Minuit.

Schaefer, Christina. 2013. Konstruktivismus und Roman: Erkenntnistheoretische Aspekte in Alain Robbe-Grillets Theorie und Praxis des Erzählens. Stuttgart: Franz Steiner Verlag.

Wähner, Bernd. 2019. „Der König von Albanien: Aus dem Leben des Hochstaplers Otto Witte“. [Online]. In: Berliner Woche. Unter: <https://www.berliner-woche.de/pankow/c-leute/der-koenig-von-albanien-aus-dem-leben-des-hochstaplers-otto-witte_a241366>. Zugriff: 08.06.2023.

Welsch, Wolfgang. 2008. Unsere postmoderne Moderne. [1987]. Berlin: Akademie Verlag.

1 Im Folgenden als „1913…“ abgekürzt.

2 Das Buch ist erstmals beim Fischer Verlag erschienen.

3 Aus einem dekonstruktivistischen Gesichtspunkt heben beide Theoretiker des New Historicism das Primat von literarischer Textualität (des literarischen Kanons) hervor: „While we frequently explore other kinds of texts, they (d.h. die Dekonstruktivisten) urge that literary language uniquely exposes to scrutiny a textuality that operates everywhere and throughout history. […] deconstructivism also seems to reerect the hierarchical privileges of the literary.“ Vgl. Ebd.: 14.

4 Auf Deutsch heißt es etwa: Die Bedeutung der anachronistischen“ Erzählung in der Suche nach der verlorenen Zeit hängt offensichtlich mit dem retrospektiv synthetischen Charakter der Proust'schen Erzählung zusammen, die zu jedem Zeitpunkt im Geist des Erzählers ganz für sich selbst präsent ist, der – seit dem Tag, an dem er in einer Ekstase ihre einigende Bedeutung wahrgenommen hat – nicht aufhört, alle Fäden gleichzeitig in der Hand zu halten, alle Orte und alle Zeiten gleichzeitig wahrzunehmen, zwischen denen er ständig eine Vielzahl von „teleskopischen“ Beziehungen herstellen kann. Vom Verfasser übersetzt.

5 Hervorhebungen im Original.

Ali Aberkane

Université Alger 2 الجزائر

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