Zu den symbolisch-ästhetischen Gedächtnisorten in Herta Müllers Werken Atemschaukel (2009) und Reisende auf einem Bein (1989)

حول المواقع الرمزية والجمالية في أعمال هيرتا مولر أرجوحة النفس (2009) ومسافرة على رجل واحدة (1989)

Sur les lieux de mémoire symbolique et esthétique dans les œuvres de Herta Müller Atemschaukel (2009) et Reisende auf einem Bein (1989)

On the symbolic and aesthetic of memorial sites in Herta Müller’s works Hunger Engel (2009) and Traveling on One Leg (1989)

Malika Lounissi

p. 147-174

Malika Lounissi, « Zu den symbolisch-ästhetischen Gedächtnisorten in Herta Müllers Werken Atemschaukel (2009) und Reisende auf einem Bein (1989) », Aleph, Vol 11 (2) | 2024, 147-174.

Malika Lounissi, « Zu den symbolisch-ästhetischen Gedächtnisorten in Herta Müllers Werken Atemschaukel (2009) und Reisende auf einem Bein (1989) », Aleph [], Vol 11 (2) | 2024, 07 January 2024, 21 December 2024. URL : https://aleph.edinum.org/10158

Die Gedächtnisorte in Herta Müllers preisgekröntem Werk von 2009, „Atemschaukel“ und „Reisende auf einem Bein“ , behandeln komplexe Themen wie politische Unterdrückung, Traumata und Identität. Herta Müller hat sich durch ihre meisterhafte Darstellung und Bearbeitung dieser Gedächtnisorten und Themen hervorgetan. Ihre Art, wie sie diese Orte in ihren Werken symbolisch darstellt und kreativ allegorisiert, ermöglicht ein tieferes Verständnis der Verwicklung von Machtstrukturen und historischen Erfahrungen mit Erinnerungen und Identität der Hauptfiguren. Die Autorin hat in ihren Romanen einen anderen Schreibstil verfolgt und brillant kulturelle, historische und soziale Kontexte in die Geschichten integriert. Dadurch ermöglicht sie es den Lesern, in die vielschichtigen Realitäten der deutschen Minderheit in Rumänien einzutauchen. Ihre Werke dienen als Brücke und Archiv zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Sie hat erfolgreich einfache individuelle Erfahrungen genutzt, um kollektive Erinnerungen und Identitäten auszudrücken. Durch ihre Werke erlaubte sie den Lesern, tief in die vielschichtigen Realitäten der deutschen Minderheit in Rumänien einzutauchen. Sie brachte die Randstimmen, die im Verborgenen der Geschichte lagen zum Ausdruck, und verdeutlichte die anhaltende Kreativität der Menschlichen Fantasie und Menschlichkeit, die trotz aller Widrigkeiten bestehen können.

تتناول أماكن الذاكرة في العمل المكرم لهيرتا مولر من عام 2009، „أتيمشاوكلAtemschaukel“ و „المسافرة على ساق واحدة Reisende auf einem Bein“ مواضيع معقدة مثل القمع السياسي والصدمات والهوية. برزت هيرتا مولر من خلال تمثيلها ومعالجتها المتقنة لهذه الأماكن والمواضيع. طريقتها في تمثيل هذه الأماكن برمزية في أعمالها والاستعارة الإبداعية تمكن من فهم أعمق لتشابك هياكل السلطة والتجارب التاريخية مع ذكريات وهوية الشخصيات الرئيسية. اتبعت المؤلفة أسلوبا كتابيا مختلفًا في رواياتها ودمجت ببراعة السياقات الثقافية والتاريخية والاجتماعية في القصص. وبذلك تمكنت من إتاحة الفرصة للقراء للانغماس في واقعيات متعددة للأقلية الألمانية في رومانيا. أعمالها تعمل كجسر وأرشيف بين الماضي والحاضر. نجحت في استخدام تجارب شخصية بسيطة ببراعة للتعبير عن الذكريات والهويات الجماعية. من خلال أعمالها سمحت للقراء بالانغماس بعمق في الواقعيات المتعددة للأقلية الألمانية في رومانيا. أعطت صوتًا للأصوات الهامشية التي كانت تكمن في الظلام من التاريخ، وأبرزت الإبداع المستدام للخيال البشري والإنسانية، والتي يمكن أن تستمر على الرغم من جميع التحديات.

Les lieux de mémoire dans l’œuvre primée d’Herta Müller de 2009, et, abordent des thèmes complexes tels que l’oppression politique. Les lieux de mémoire dans l’œuvre primée d’Herta Müller en 2009, „Atemschaukel“ et „Reisende auf einem Bein“ , abordent des thèmes complexes tels que la répression politique, les traumatismes et l’identité. Herta Müller s’est distinguée par sa représentation magistrale et son traitement de ces lieux de mémoire et de ces thèmes. Sa manière de les représenter symboliquement et de les allégoriser de manière créative permet une compréhension plus profonde de l’implication des structures de pouvoir et des expériences historiques dans les souvenirs et l’identité des personnages principaux. L’auteure a adopté un style d’écriture différent dans ses romans et a brillamment intégré des contextes culturels, historiques et sociaux. Cela permet aux lecteurs de plonger dans les réalités complexes de la minorité allemande en Roumanie. Ses œuvres servent de pont et d’archive entre le passé et le présent. Elle a réussi à utiliser des expériences individuelles simples pour exprimer des souvenirs et des identités collectives. À travers ses œuvres, elle a permis aux lecteurs de plonger profondément dans les réalités complexes de la minorité allemande en Roumanie. Elle a donné une voix aux voix marginales cachées dans l’obscurité de l’histoire, mettant en lumière la créativité continue de l’imagination humaine et de l’humanité, malgré toutes les adversités.

Memory sites in Herta Müller’s award-winning work from 2009, „Atemschaukel“ and „Traveling on One Leg“ , address complex themes such as political oppression, trauma, and identity. Herta Müller has distinguished herself through her masterful representation and treatment of these memory places and themes. Her manner of symbolically depicting these places in her works and creatively allegorizing them enables a deeper understanding of the entanglement of power structures and historical experiences with the memories and identity of the main characters. The author pursued a different writing style in her novels and brilliantly integrated cultural, historical, and social contexts into the stories. This allows readers to immerse themselves in the multifaceted realities of the German minority in Romania. Her works serve as a bridge and archive between the past and the present. She successfully used simple individual experiences to express collective memories and identities. Through her works, she allowed readers to delve deeply into the multifaceted realities of the German minority in Romania. She gave voice to the marginalized voices hidden in the shadows of history, highlighting the enduring creativity of the human imagination and humanity, which can persist despite all adversities.

Einleitung

„Gedächtnisorte“ werden in literarischen Text erneut in den90er wiederentdeckt und haben besondere Funktionalität zu erfüllen. Sie konkurrieren mit den Erinnerungen der Figuren und tragen dazu bei, die Tiefe dieser Erinnerungen als Erfahrungen, aber auch als historische Ereignisse, wahrzunehmen, zu erforschen und zu verarbeiten. Einerseits werden sie sowohl als Mittel zur Verstärkung und Vertiefung der Themen als auch zur Entwicklung und Verdeutlichung der Figuren beitragen. Auf der anderen Seite haben die Leser die Fähigkeit, diese Orte in der Geschichte als lebendige und tiefgreifende Elemente wahrzunehmen, wenn sie symbolisch verwendet werden, um Erinnerungen von Figuren, Emotionen oder entscheidende Ereignisse zu repräsentieren auch um diskursiv Gewaltverhältnisse und Ereignisse einzuleuchten.

Die in Herta Müllers Werken dargestellten Gedächtnisorte vertiefen in erheblichem Maße die Fragen von Erinnerungen und die komplexen Themen der Traumata sowie der damit assoziierten Identitätsproblem. Sie legen individuelle psychologische Dimensionen der Figuren als auch kollektive Geschichten und Erfahrungen der deutschstämmigen Minderheit in Rumänien offen.

Der Fokus des vorliegenden Artikels liegt auf Herta Müllers literarisches Werk von 2009 mit dem Titel „Atemschaukel“ 12009, (Der Hungerengel). In diesem Roman wird die ergreifende Geschichte eines jungen Mannes behandelt, der sowohl deutsch als auch rumänisch verwurzelt ist. Sein Schicksal führt ihn ins Jahr 1945, als er unfreiwillig in ein Zwangsarbeitslager in der Sowjetunion deportiert wird. Die historischen Kulissen zeigen uns, dass diese Deportationen von ethnischen Deutschen aus Rumänien in die Sowjetunion zwischen dem 10. Januar und dem 1. Februar 1945 stattfanden.2 Diese bittere Realität, in der Menschen jegliche Freiheit beraubt wurde, drückt sich in der erzwungenen körperlichen Arbeit bzw. in „Zwangsarbeit“, aus. Der Protagonist Figur drückt dies folgendermaßen aus: „Wir waren alle in keinem Krieg, aber für die Russen waren wir als Deutsche schuld an Hitlers Verbrechen“.3

Die erzwungenen Deportationen und die damit verbundene Zwangsarbeit wurden als Bestandteil von Entschädigungsmaßnahmen, die Deutschland von Ländern und die während des Krieges wirtschaftliche Verluste aufgrund der aggressiven Handlungen Deutschlands erlitten hatten, diktiert worden sind.

Unser Interesse richtet sich auch auf ein zweites Werk von Herta Müller nämlich „Reisende auf einem Bein“ 4(1989). Irene, die Hauptfigur in diesem Werk ist, durchlebt den Übergang zwischen zwei unterschiedlichen politischen Systemen als eine beständige Reise, die nicht mit ihrer Ankunft endet, sondern tief in den Alltag ihres Zielortes hineinreicht. Ihr Leben als Aussiedlerin und gleichzeitig als Flaneurin ist geprägt von einem Gefühl der Andersartigkeit, der Fremdheit und der Entwurzelung sowie der Suche nach einem festen Ort. Es ist hier wichtig zu sagen, dass Herta Müllers Figuren die Motivik der Ausreise ohne Ankunft betrifft, da sie vor der vom Autoritarismus manipulierten rumäniendeutschen Heimat fliehen. Das Hauptziel unseres Beitrags besteht darin, die Bedeutung und Funktion von Gedächtnisorten in den Erzählungen RB und A von Herta Müller zu analysieren. Die Erzählungen „Reisende auf einem Bein und A“ gründen auf Ereignisse aus dem Leben der Autorin Herta Müller, und präsentieren sich zugleich als fiktive Texte.

Unser Fokus liegt auf der symbolischen Aufladung bestimmter Orte in diesen Geschichten und darauf, wie „Machtstrukturen“, Erinnerungen und die Identität der Hauptfiguren beeinflussen. „Gedächtnisorte“ werden als Mittel der Darstellung und Auseinandersetzung mit komplexen Themen wie politischer Unterdrückung, Trauma und Identität stilisiert. Durch unsere Analyse streben wir an, die kulturellen, historischen und sozialen Kontexte zu beleuchten, die die Bedeutung und die symbolische Kraft dieser Gedächtnisorte prägen, um die erzählerische Bedeutung von Gedächtnisorten in Herta Müllers Literatur genauer zu untersuchen und ihre Rolle bei der Entwicklung komplexer Themen zu verdeutlichen.

In ihren Werken widmet sich Herta Müller tiefgreifenden Themen, die das menschliche Dasein auf vielschichtige Weise berühren. Sie erforscht die tiefgreifenden Auswirkungen von Gewalt und Terror und ermöglicht uns einen Einblick in den Alltag unter einer bedrückenden Diktatur. Sie bietet uns Einblick in eindrucksvollen Facetten des Dorflebens deutscher Minderheit in Rumänien. Durch ihren literarischen Diskurs schafft sie eine Brücke zwischen den Realitäten der Vergangenheit und der Gegenwart, verleiht den Ungehörten eine Stimme und eröffnet uns Einblicke in die Menschlichkeit, die sich trotz aller Widrigkeiten manifestiert.

Der Roman A unterscheidet sich in Herta Müllers Gesamtwerk dadurch, dass er nicht direkt auf ihren eigenen Lebenserfahrungen als Mitglied der deutschen Minderheit in Rumänien oder als Immigrantin in Deutschland beruht. Ihre Erfahrungen und ihre Biografie unter dem Ceausescu-Regime bilden die Grundlage für den Großteil ihres Werkes5 Es handelt sich bei A um eine Ausnahme: Im Gegensatz zu RB, das wiederum auf Herta Müllers eigene Erfahrungen mit Einwanderung zurückgreift, spielen alle anderen Romane und Erzählungen in den Städten und Dörfern ihrer Heimat, im rumänischen Banat.6 Ihre Werke thematisieren die Ängste, Unterdrückung, Entbehrung und die psychischen Verformungen, die Einzelpersonen und Gemeinschaften unter totalitären Bedingungen erleiden.

Die Autorin besteht auf ein Kreativitätsprinzip, das auch solche historischen Erfahrungen fördern können. Sie glaubt, dass kreative Ausdrucksformen und Denkweisen dazu beitragen können, einen tieferen, umfassenderen und reflektierteren Blick auf historische Ereignisse zu entwickeln und möglicherweise sogar dazu beitragen können, diese Erfahrungen positiv zu beeinflussen oder besser zu verstehen. Die Kreativität kann als ein Werkzeug dienen, um diese historischen Erfahrungen in Kunst, Literatur oder anderen Ausdrucksformen zu verarbeiten und zu interpretieren.

1. Zur Metaphorik des Leidens, Machtstrukturen und zur Objektation der Lagerinsassen

In beiden Texten, A und RB, nehmen räumliche Gegebenheiten eine entscheidende Rolle ein. Sie fungieren nicht bloß als realistische Kulissen, sondern tragen eine semantische Bedeutung, indem sie das Gefühl des Fremdseins und der Einsamkeit vertiefen und vermitteln. Diese räumlichen Elemente werden zur wirkungsvollen Symbolen Sprache, die die emotionalen Zustände der Figuren veranschaulicht und die erzählten Themen tiefer ausloten. Die Dimensionen des Raums fungieren als lebendige Mittel, die tiefere Ebenen der Bedeutung enthüllen und dabei komplexe Themen wie Fremdheit, Einsamkeit, Macht und Gewalt in subtile Symbolik überführen. Sie manifestieren sich als kunstvoll gestaltete Bühnen, auf denen die seelischen und psychologischen Zustände der Protagonisten sichtbar werden und gleichzeitig verstärkt werden.

In den Werken RB und A entfaltet sich eine komplexe und tiefgründige Verbindung zwischen dem Gedächtnisort und den Themen des Drucks, der Infiltration der Angst, des Lebensverlusts, der Demütigungen, der Unwissenheit und der Menschendekonstruktion. Diese motivische Kombination bietet einen fesselnden Einblick in die menschliche Erfahrung unter totalitären Verhältnissen und Regimen und enthüllt eine universelle Resilienz des Geistes und des Körpers angesichts unvorstellbarer Herausforderungen. Diese Elemente weben ein komplexes Geflecht von Erfahrungen und Emotionen, das die Leser in eine Welt einführt, in der die Figuren auf schmerzhafte Weise mit den Auswirkungen von Unterdrückung und Totalitarismus konfrontiert sind. Sie legen eine Kartographie von Gefühlen, die auf diskursive Formationen und Machtverhältnisse zurückweisen.

Der Gedächtnisort tritt dabei als emotionaler Ort auf, der von den Protagonisten durchlebt wird und gleichzeitig ihre Erinnerungen, Ängste und Verluste widerspiegelt. Inmitten dieser Orte des Gedächtnisses entfalten sich vielfältige Facetten des Drucks, unter denen Figuren subtil oder direkt der Macht und Gewalt ausgesetzt sind. Dieser Druck hinterlässt nicht nur physische Spuren, sondern prägt auch die psychologische Verfassung der Figuren, da sie ihre Selbstwahrnehmung und Identität beeinflusst. Michel Foucault hat sich intensiv mit dem Konzept der Macht beschäftigt und hat unter anderem folgende Ansichten geäußert:

„Macht ist im wesentlichen, was unterdrückt. Die Macht unterdrückt die Natur, die Instinkte, eine Klasse, die Individuen; und ist im zeitgenössischen Diskurs diese hundertmal wiederholte Definition der Macht als einer unterdrückenden zu finden, so hat sie nicht der zeitgenössische Diskurs erfunden: Hegel hatte es als erster gesagt, dann Freud, dann Reich. Wie dem auch sei: „Organ der Unterdrückung“ ist im gegenwärtigen Vokabular die quasi automatische Benennung der Macht.“7

In diesem Auszug thematisiert Michel Foucault häufig, wie Macht oft als ein Mittel zur Unterdrückung angesehen wird. Macht wird dazu eingesetzt, die Natürlichkeit, Instinkte, soziale Schichten und individuelle Freiheit zu unterdrücken. Foucault betont wiederum, dass dieser Blick auf Macht als ein Instrument der Unterdrückung nicht neu ist, sondern bereits von früheren Denkern wie Hegel, Freud und Reich formuliert wurde.8 Er verwendet die Metapher des „Unterdrückungsapparats“ 9, um zu verdeutlichen, dass Macht als eine Struktur betrachtet wird, die dazu dient, die Autonomie und Selbstbestimmung von Individuen oder sozialen Gruppen zu beschränken.

Foucault konzentrierte sich darauf, die vielfältigen Formen von Macht und Unterdrückung in der Gesellschaft zu verstehen und zu analysieren und wie diese Mechanismen in verschiedenen sozialen, politischen und kulturellen Kontexten wirken. Er betont die Dringlichkeit, die Beziehungen der Macht kritisch zu hinterfragen und die Wechselwirkungen zwischen Macht, Wissen und gesellschaftlichen Normen zu erforschen. In literarischer Hinsicht könnte man sagen, dass Foucaults Worte die verborgenen Schattenseiten der menschlichen Existenz beleuchten, wo Macht und Unterdrückung ihre Wurzeln haben und die individuelle Freiheit und den Ausdruck beschränken. Seine Arbeit ermutigt dazu, die unsichtbaren Fäden gesellschaftlicher Kontrolle zu entwirren und die Komplexität der menschlichen Natur zu erforschen.

Michel Foucault konzentrierte sich nicht nur auf das abstrakte Konzept der Macht, sondern richtete sein Hauptaugenmerk vor allem auf die zugrunde liegenden Mechanismen und Strukturen, die die konkrete Ausübung und Gestaltung von Macht beeinflussen. Sein Ansatz bestand darin, die Funktionsweise und die Prozesse der Macht zu erforschen, anstatt sich ausschließlich auf deren theoretische Definition zu beschränken. Michel Foucault interessierte sich dafür, wie Macht in realen Situationen operiert und wie sie in sozialen und institutionellen Kontexten verwurzelt ist.10 Die Reduzierung komplexer Machtsysteme auf bloße destruktive oder produktive Kategorien mag zwar problematisch sein, dennoch ermöglicht sie uns, zu erkennen, dass die Macht wie ein Gewebe ist, das beide Aspekte gleichzeitig durchdringt. Foucault äußert sich zu diesem Thema auf folgende Weise:

Überall wo es Macht gibt, wird Macht ausgeübt. Niemand ist im Grunde Inhaber der Macht; und dennoch wird sie stets in eine bestimmte Richtung ausgeübt, mit den einen auf der einen und den anderen auf der anderen Seite ; man weiß nicht, wer sie eigentlich hat, aber man weiß, wer sie nicht hat.11

In dieser Aussage verdeutlicht Michel Foucault, dass Macht in sozialen Beziehungen und Interaktionen zwischen Menschen allgegenwärtig ist. Sie gehört im eigentlichen Sinne niemandem, wird jedoch stets in bestimmte Richtungen gelenkt und beeinflusst das Verhalten der Menschen sowie ihre zwischenmenschlichen Beziehungen. Auch wenn oft unklar ist, wer die genauen Machthaber sind, können wir in bestimmten Situationen oft erkennen, wer nicht über Macht verfügt oder wem der Zugang zur Macht verwehrt bleibt. Foucault betont, dass Macht in sozialen Strukturen und Interaktionen präsent ist und das Verhalten und die Beziehungen der Menschen beeinflusst, selbst wenn diese sich nicht immer darüber im Klaren sind, wie Macht in ihrem Leben wirkt.

Der Philosoph Foucault betont, dass sein Hauptinteresse nicht in der Untersuchung der Macht an sich liegt, sondern vielmehr in den Auswirkungen der Macht auf das Individuum, „Das umfassende Thema meiner Arbeit ist also nicht die Macht, sondern das Subjekt.“ 12Dieser Ansatz ist ein grundlegendes Merkmal seiner Arbeiten und seiner Denkweise.

All seine Ansätze deuten darauf hin, dass Machtrelationen und -strukturen nicht nur darauf abzielen, Menschen zu unterdrücken oder zu beherrschen, sondern auch Einfluss auf die Bildung und Struktur des Individuums haben. Foucault untersucht, wie Macht die Art und Weise beeinflusst, wie Menschen über sich selbst denken, wie sie ihre Identität wahrnehmen und wie sie sich in der Gesellschaft positionieren. Die Art und Weise, wie Menschen sich selbst sehen und beschreiben, wird durch soziale Werte, Konzepte und Machtrelationen geformt.

Foucaults Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung, wie Macht die Subjektivität sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene formt. Er untersucht, wie Menschen unter dem Einfluss von Macht zu „Subjekten“ werden, die in bestimmten sozialen und historischen Kontexten bestimmten Normen und Diskursen unterliegen. Seine Arbeit behandelt Themen wie Wissen, Identität, Wahrheit und Selbstreflexion im Kontext von Machtrelationen. Im Grunde zielt Foucault in seiner Forschung darauf ab, die Wechselwirkungen zwischen Macht und Subjektivität zu verstehen und betont, dass das Verständnis von Macht nicht von der Frage nach individueller Identität und Selbstwahrnehmung getrennt werden kann.

Carl Schmitt verdeutlicht die vielschichtige und ambivalente Natur von Macht, die je nach Kontext und Einsatz sowohl destruktive als auch konstruktive Auswirkungen haben kann. Macht ist somit eine komplexe soziale Realität, die nicht einheitlich positiv oder negativ bewertet werden kann. „Die Macht, die ein Mensch über andere Menschen ausübt, stammt von den Menschen selbst.13“ Die schon erwähnten Werke bieten eine eindrucksvolle Darstellung der menschlichen Erfahrung, insbesondere im Hinblick auf die verschiedenen Facetten der Macht, die von Michel Foucault untersucht werden.

Die Infiltration der Angst in den Figuren ist wie ein schleichendes Gift, das deren Gedanken und Handlungen durchdringt. In den verwobenen Erzählungen erleben die Protagonisten eine kontinuierliche Bedrohung, die ihnen das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit raubt. Die Angst schleicht sich in ihre Gedanken ein und beeinflusst ihre Entscheidungen, während gleichzeitig die Unsichtbarkeit der Repression und Kontrolle sich verstärkt. Unter dem Druck der Angst sehen sich die Protagonisten gezwungen, ihre Worte und Gedanken selbst zu zensieren. Die Angst aktiviert Prozesse der Selbst und Autozensur. Diese Furcht wird zu einem unsichtbaren Gefängnis, das die Freiheit ihres Denkens und Handelns einschränkt. Die Figuren leben in einem Zustand anhaltender Anspannung, der zu einer Entfremdung von sich selbst und ihren Mitmenschen führt.

Der Lebensverlust, sei es physisch oder emotional, wird im Gedächtnisort zu einer schmerzhaften Wirklichkeit. Die Figuren tragen die Narben und Verluste ihrer Vergangenheit mit sich, die sie auf tiefgreifende Weise geprägt haben. Diese Verluste hinterlassen oft einem Zustände der Verwundbarkeit und Verletzlichkeit zurück, die ihre Fähigkeit zur Selbstentfaltung und persönlichen Erfüllung beeinträchtigen.

Die Demütigungen, die die Protagonisten erfahren, sind wie bittere Schatten, die ihren Gedächtnisort überfallen. Sie werden gedemütigt und erniedrigt, was nicht nur ihre Würde beschädigt, sondern auch ihre Fähigkeit zur Selbstbehauptung und zum Selbstvertrauen untergräbt. Diese Demütigungen hinterlassen tiefe Spuren im Gedächtnis der Protagonisten Leopold und Irene und beeinflussen ihre Sichtweise auf sich selbst und die Welt um sie herum. Durch diese Demütigungen werden die Insassen im Lager als Opfer, die in ihrer Menschlichkeit entpersönlicht, entmenschlicht und beraubt. Ihre Identität wird in Frage gestellt und ihre Widerstandsfähigkeit auf die Probe gestellt. In beiden Texten werden Demütigungen als literarisches Mittel eingesetzt, um die Macht und Grausamkeit der Diktatur zu verdeutlichen. Diese Darstellungen zeigen, wie die Diktatur ihre Macht festigt, indem sie Menschen psychisch und physisch demütigt. Damit betont die Autorin die Fragilität der menschlichen Würde und Menschlichkeit in unterdrückerischen Umgebungen. Jene Unwissenheit über die Zukunft und das Schicksal der Hauptfiguren, die in den Erzählungen präsent ist, vertieft die Dunkelheit im Gedächtnisort. Die Protagonisten bleiben bewusst im Unklaren, sei es hinsichtlich der wahren Absichten ihrer Peiniger oder der Aussichten ihrer Befreiung.

Dieselbe Unwissenheit verschärft ihre Verletzlichkeit und hilft dabei, die Machtstrukturen aufrechtzuerhalten, die ihre Lebensrealität dominieren. In A erfährt der Hauptfigur Leopold Auberg die Unwissenheit und den Mangel an Informationen über seine eigene Lage als Unsicherheit. Die Deportierten im Zwangsarbeitslager werden absichtlich im Dunkeln, Unwissen darüber gelassen, was ihre Zukunft betrifft. Diese Unwissenheit schafft Ängste, Paranoia und ein Gefühl der Ohnmacht. Die Protagonisten sind von Lagern und Repressalien umgeben, wissen jedoch oft nicht, was als nächstes geschehen wird. Dies erzeugt eine tiefe psychologische Belastung, die von der Macht ausgenutzt wird, um Kontrolle und Herrschaft über das Innere von den Gefangenen durchzusetzen. In RB manifestiert sich in der Unwissenheit ebenfalls, doch auf eine andere Art und Weise. Die Charaktere sind in einer unterdrückenden Umgebung gefangen, in der Informationen zensiert und verfälscht werden. Die Protagonistin Irene verliert nach und nach das Vertrauen auf eigene Gedanken und Erinnerungen, da sie nicht sicher sein kann, was Wahrheit und was Täuschung ist. Diese Unwissenheit wird von den Vertretern der Diktatur geschickt, erzeugt und ausgenutzt, um die Menschen zu verwirren und zu manipulieren. In einer Atmosphäre, in der die Wahrheit brüchig ist und die Klarheit oft durch den Schleier der Desinformation verdeckt wird, erkennen die Figuren, dass ihre Gewissheiten verunsichert werden und ihre Identität labil gemacht wird.

Schließlich dominieren in diesem dichten Gewebe der Erzählungen die Menschen und die Identitätsdekonstruktion der Figuren, deren Gedächtnisort allmählich zersetzt wird. Ihre Erfahrungen von Unterdrückung, Angst, Verlust, Demütigungen und Unwissenheit führen zu einer fragmentierten Selbstwahrnehmung und einem Kampf um die Bewahrung eigener Menschlichkeit. Durch diese Mechanismen der Macht und Kontrolle von einem Innern und diese Dekonstruktion offenbaren sich die tiefgreifenden Auswirkungen der Unterdrückung auf die Psyche und Seele der Figuren.

Die gängige Vorstellung von Konzentrationslagern ist geprägt von der traurigen Assoziation mit grausamer Gewalt, unmenschlicher Behandlung und tragischem Tod. Allerdings gelingt es Herta Müller in den beiden Erzählungen, diese tragische Realität in ihrer Alltäglichkeit und Unsichtbarkeit noch deutlicher zu beleuchten. Sie zeigt auf, dass physische und psychische Gewalt untrennbar sind und beinahe unausweichliche Bestandteile des grausamen Lageralltags für die Gefangenen waren, und diese Gewalt hatte sich regelrecht in den täglichen Ablauf integriert.

Herta Müller analysiert in ihren Werken die alltäglichen Mechanismen von Macht und Unterdrückung, um das „graue Archiv der Gewalt“ zu rekonstruieren. Dieser Ansatz weist Parallelen zur Theorie von Michel Foucault über Macht und Diskurse auf. Foucault betonte, dass Macht in den sozialen Diskursen und Praktiken verwurzelt ist. Müller betont die Verborgenheit dieser Mechanismen der Macht, indem sie zeigt, wie Gewalt in scheinbar unschuldigen Alltagshandlungen versteckt ist. Ihre Werke ermutigen dazu, die bestehenden Machtverhältnisse zu hinterfragen. Foucaults Theorie hebt hervor, dass Macht und Wissen untrennbar miteinander verknüpft sind und sich bis in die kleinsten Einzelheiten des Lebens erstrecken. Hertas Werke decken das „graue Archiv14 der Gewalt“ im gewöhnlichen Leben auf.

In A enthüllt Müller verschiedene Ereignisse, unter denen die brutale Gewaltanwendung drastisch hervortritt, dadurch, dass sie die rücksichtslose Natur der Lagerkommandanten und das Maß der Unterdrückung verdeutlicht. Das Werk A dient somit als bedeutungsvolle Analyse von ungeheuerlichen Mechanismen der Brutalität, die sich in diesen Lagern erzeugt hatten. Es gewährt uns einen tieferen Einblick in das schockierende Ausmaß und Techniken und ein Archiv produktiver Macht, Unterdrückung und Grausamkeit, denen die Häftlinge unerbittlich ausgesetzt waren. Durch ihre literarische Darstellung schafft Herta Müller eine Verbindung zwischen Geschichte und menschlichem Schicksal und legt eine Archäologie von Gewalt offen. Sie zeigt, dass diese Gewalt keine abstrakten Ereignisse waren, sondern dass die Körper und Seelen von Menschen zutiefst geprägt und ihre Seelen verwundet haben. A ist somit nicht nur ein literarisches Werk, sondern auch ein bewegendes Archiv über unsichtbare aber sicher destruktive Gewaltproduktion, die in Lagern und ein Aufruf gegen solche Schrecken, die niemals vergessen werden sollen.

Im Konzentrationslager wird der menschliche Geist einer schmerzhaften und tiefgreifenden Veränderung unterzogen. Die Männer erfahren nicht nur eine dramatische physische Verwandlung, sondern auch eine bewusste Entfremdung von ihrer eigenen Menschlichkeit. Diese Veränderung erstreckt sich auch auf die Psyche der Häftlinge, die im Lager einem Prozess der Zersetzung und Auslöschung eigener Subjektivität unterliegen. Dies hat zur Folge, dass ihr Überlebenswille erstickt, und sie in einem Zustand der Verzweiflung gefangen sind.

Gleichzeitig beobachtet Leo, der Protagonist, wie sich auch das moralische Verhalten und die Wertvorstellungen der Häftlinge verändern. Die Bedingungen im Lager zwingen diese letzten, ihre ethischen Grundsätze aufzugeben, was zu wildem und unkultiviertem Verhalten und Austauschbarkeit und einer Umkehrung der verbrecherischen Taten der Autorität gegen derer der Opfer führt. In dieser Umgebung, die von Angst, Grauen und Entfremdung geprägt ist, manifestiert sich eine menschliche Tragödie, bei der die psychische, moralische und physische Veränderung untrennbar miteinander verknüpft sind. Die Männer werden nicht nur körperlich neu eingeschrieben, sondern auch in ihrer inneren Welt erschüttert, was zu einer entmenschlichenden Spirale und Deplazierung führt, die ihre Menschlichkeit zusehends erlischt.

Die seelische und moralische Entwicklung der Männer wird durch Leos Beschreibungen veranschaulicht. Es ist von großer Bedeutung zu betonen, dass diese Veränderungen stark von den katastrophalen Bedingungen im Lager beeinflusst werden. Die grausamen Umstände, die ständige Präsenz des Todes, der anhaltende Hunger, die übermäßige körperliche Erschöpfung und die fortwährende gewalttätige Unterdrückung führen zur Entstehung von Hoffnungslosigkeit, Gleichgültigkeit und schließlich zur völligen Resignation und Passivität.

Die Männer im Konzentrationslager erleben eine umfassende Veränderung, die sowohl ihre physische Existenz als auch ihre geistige und moralische Verfassung betrifft. Diese Wandlung führt zu einer noch tieferen Entmenschlichung. Einerseits bricht und erstarrt die Seele der Häftlinge im Lager, oft zusammen mit ihrer Überlebensbereitschaft. Andererseits beobachtet Leo Veränderungen im moralischen und kulturellen Verhalten der Gefangenen sowie ihrer Wertvorstellungen, die zu ungezügeltem und wildem Verhalten führen, das weit von jeglichem zivilisierten Maßstab entfernt ist. Die psychische und moralische Evolution der Männer wird durch Leos Schilderungen eindrucksvoll dargestellt.

Es ist von entscheidender Bedeutung zu unterstreichen, dass Herta Müller in ihrem Werk A die Grenzen der Sprache durch geschickte Anwendung poetischer Ausdrucksweiser überwindet. In unserem weiteren Ansatz haben wir vor, zu verdeutlichen, dass sie nicht allein auf Metaphern, Symbole und Allegorien zurückgreift, um die begrenzten Möglichkeiten der Sprache bei der Darstellung von Leid zu überwinden. Vielmehr bedient sie sich dieser poetischen Elemente, um die vielschichtigen Nuancen des Leidens umfassender zu erfassen, jenseits der schlichten Veranschaulichung von Hunger oder Arbeit. Hierbei richtet man die Aufmerksamkeit auf die Sphäre von Traumata und dem Gedächtnisort als „das Lager“ aber vor allem Als Körpergedächtnis wo beide in der Analyse von A oft präsent sind. Zudem lenkt man den Fokus auf die Figur Müllers geschickte Nutzung von Metaphern, von deren Beitrag zur Erhellung der Figur des Leo Auberg.

2. Zur antithetischen Symbolik von Hungerengel und Herzschaufel in „Atemschaukel“

Herta Müller knüpft die traumatischen Erfahrungen im Lager mit dem dauernden Hunger und erzwungener körperlicher Arbeit der Insassen an. In ihrem Roman bedient sich Müller geschickt mehrerer Metaphern, um diese Traumata wiederholt zu schildern und den Leser mit den vielfältigen Facetten von Hunger und Arbeit vertraut zu machen. Der Titel des Romans, A, allein ist bereits eine Metapher. Ein neu geschaffener Begriff von Herta Müller, der im Deutschen keine direkte Entsprechung hat. Dieses Wort bedeutet „Atemschwung“ und bezieht sich auf die besondere Art und Weise, wie Auberg atmet, wenn er körperliche Arbeit verrichtet.

In den Lagern war die Ernährung ein zentrales Mittel der Überwachung und Kontrolle. Die Häftlinge wurden strengen Normen unterworfen, die die Menge und Art der Nahrung regelten und ihnen zur Verfügung stand. Die Nahrung war knapp und oft unzureichend, was zu physischem Leiden und dem Verlust moralischer Grundsätze führte. Brot war das Hauptnahrungsmittel und wurde als äußerst kostbar angesehen. Das Verteilen der Brotration erfolgte einmal täglich und von der Art der Arbeit abhängig war. Die Häftlinge mussten entscheiden, ob sie die Ration sofort verzehren oder etwas für später aufbewahren. Diese Entscheidung war für die Ausgehungerten eine große Herausforderung. Der Hungerengel wird als Symbol für den Hunger und die Grausamkeit im Lager verwendet. Die Kuckucksuhr in der Baracke steht für das quälende Vergehen der Zeit im Lager. Insgesamt beschreibt der Text eindringlich die schrecklichen Bedingungen, denen die Häftlinge im Lager ausgesetzt waren, insbesondere in Bezug auf die Nahrung und den Hunger, der ihr tägliches Leben prägte.

Im vorliegenden Fall sind Metaphern von entscheidender Bedeutung. Sie vermitteln im Roman den kreativen Umgang mit dargestellten Traumata im Lager zu ironisieren. Durch diese künstlerische Sprachform gelingt es Müller, die tiefgehende Wirkung der Lagererfahrung auf eindrückliche Weise zu vermitteln. In den Erfahrungen des Lagers durchdringen metaphorische Darstellungen von Hunger sämtliche Facetten, und dementsprechend prägen Metaphern des Hungers die Erzählungen von Auberg. In subtiler Kunst zeichnet Auberg ein vielschichtiges Bild des Hungers im Laufe der Erzählung. Seine bewussten sprachlichen Entscheidungen verleihen dem Konzept des Hungers neue Dimensionen, die zu einer Fülle neuer Assoziationen und einer tieferen Resignation und Verständnis von Hungersnot in den Arbeitslagern führen. Einfühlsam setzt Auberg seine Darstellung in Gang, indem er den Hunger als einen „Hungerengel“ darstellt, der alle begleitet.

Das Wort „Hungerengel“ 15, das durch die vielfältigen Metaphern in Herta Müllers Werk A gebracht wird, erscheint auf dem ersten Blick widersprüchlich. Das Wort selbst trägt in sich eine Spannung. „Hunger“ trägt eine eher negative Bedeutung, während „Engel“ normalerweise ein übernatürliches Wesen symbolisiert, das als Beschützer agiert oder im Fall des Todesengels mit dem Tod in Verbindung gebracht wird. In A verkörpert der Hungerengel verschiedene dieser Merkmale. Wie ein Schutzengel ist er ständig präsent, aber er offenbart sich auch als unterdrückende und beinahe dämonische Gestalt. Der Hungerengel zeigt sich ebenfalls als Todesengel, da viele der Lagerinsassen unter seiner Macht im Arbeitslager sterben. Er manifestiert Kontrolle und ist eine Kraft, gegen die sich Auberg oft zu wehren versucht – ein Kampf, der die buchstäbliche physische und physische Herrschaft über seinen Körper betrifft.

Der Einfluss des Hungers erstreckt sich nicht nur auf seine Entscheidungen im Lager, sondern durchdringt sogar seine Erinnerungen an das Lager, nachdem er es verlassen hat. Der Hungerengel, der die Bedeutung eines Wächters oder Aufsehers, der über die Lagerinsassen wacht und sie kontrolliert, breitet metaphorisch seine schützenden Flügel über die gesamte Erzählung aus. Diese Ausdehnung spiegelt die Charakteristika des Hungerengels wider und verdeutlicht, wie er sämtliche Facetten von Aubergs Geist und Körper durchdringt.

Herta Müller nutzte in ihrem Werk A eine allegorische Darstellung des Hungers, um die subtile Rolle des Hungers unter den Gefangenen in einem kommunistischen Arbeitslager hervorzuheben. Die Autorin ließ sich von ihren persönlichen Erfahrungen und Gesprächen mit ehemaligen Insassen inspirieren, um die Brutalität und Entbehrungen in den Lagern in den Fokus zu rücken.

Der Hunger in A wird auf unterschiedliche Weisen symbolisch dargestellt und dient als Metapher für Unterdrückung, Demütigung und Ohnmacht der Insassen. Er veranschaulicht auch den Machtmissbrauch und die Grausamkeit der Lagerwärter und des gesamten Systems, nicht nur als körperlichen Hunger, sondern auch als Verlangen nach Freiheit, Würde und Mitgefühl. Der seelische Hunger ist genauso bedeutsam wie der körperliche. Die Insassen leiden nicht nur unter Nahrungsmangel, sondern auch unter dem Fehlen zwischenmenschlicher Beziehungen, Unterstützung und Solidarität.

Die allegorische Darstellung des Hungers zeigt, wie diese Obsession den Gedanken und das Verhalten der Gefangenen beherrscht. Sie sind permanent auf der Suche nach Nahrung und entwickeln verschiedene Strategien, um ihren Hunger zu stillen. Durch die Verwendung des Hungermotivs wird die Dehumanisierung der Insassen im Lager verdeutlicht. Sie werden auf ihre grundlegendsten Bedürfnisse reduziert und verlieren ihre Individualität und Menschlichkeit

Der Hungerengel ist nicht bloß ein antagonistisches Element, sondern vielmehr eine Macht, die Leo Auberg zu ungewöhnlichen Orten führt und ihn zu Handlungen drängt, die fernab seiner gewohnten Natur liegen. Der Hungerengel besitzt die Macht selbst in Auberg einen animalischen Drang zu entfachen, wenn er nach Nahrung sucht und diese in sich aufnimmt. Die Worte: „Meine Gier ist roh, meine Hände sind wild“ und „wie schnell hab ich dann mit hochgezogener Lippe alle gefrorenen Kartoffelschalen gegessen16“ , vermitteln das Bild ungebändiger Begierde, die Auberg in eine primitivere Sphäre führen. Trotz dieser Wildheit bewahrt der Hungerengel eine subtile Würde, die er seinen Opfern verwehrt: „Abfall fasst der Engel nicht an“ .17

3. Von der Macht der Vergangenheit auf die Geschichte und Zukunft

Im Kapitel „Vom Lagerglück“ enthüllt Auberg, wie sein Hunger selbst sechzig Jahre nach den Lagererfahrungen immer noch eine anhaltende Wirkung auf ihn ausübt. Dabei beschreitet er erneut die Pfade seines Hungers, die über das schlichte Bedürfnis nach Nahrung hinausgehen. In seiner Darstellung wird der Hunger zur vielschichtigen Metapher, die jede intensive Empfindung, jedes Gefühl und jeden Gedanken durchdringt, die er erlebt: „Seit meiner Rückkehr trägt jeder einzelne Tag in sich seinen eigenen Hunger“ .18 Hier wird der Hunger zur Allegorie für Sehnsucht und tiefgreifende Emotionen. Als Symbol der Sehnsucht prägt der Hunger nachhaltig seine Erinnerungen und beeinflusst sein Leben nach dem Lager. Seine Zukunft, jede seiner Bestrebung wird weiterhin von seinen zahlreichen inneren Begierden durchdrungen. Eine dieser unvergänglichen Sehnsüchte ist sein Verlangen nach Sättigung und Nahrung. In diesem Kapitel skizziert Auberg die Nuancen des Glücks unter verschiedenen Facetten. Unter diesen erkennt er zwei eng vertraute Arten: das „Mundglück“ und das „Kopfglück“ . Das Mundglück offenbart sich, wenn eine Person in der Lage ist zu essen und für einen Moment ihren Hunger vergisst. Diese Freude ist von kurzer Dauer, so flüchtig wie der Mund selbst, und entzieht sich dem Sprechen, da es keine Zeit hat, in den Kopf aufzusteigen. Das Mundglück drängt nicht nach Mitteilung, es bleibt stumm und verborgen, fast wie ein wohlbehütetes Geheimnis.

Mit Händen arbeiten die Insassen im Lager, und in dieser schlichten Handlung verbirgt sich eine Tiefe der Anstrengung, die kaum in Worte zu fassen ist. Die Schwierigkeit der Arbeit offenbart sich in jeder sich wiederholenden Bewegung, in jedem mühsamen Griff und in der ständigen Belastung der Muskeln. Das Entladen von Ziegeln und Beladen von Kohle mit einer Schaufel sind körperliche Tätigkeiten. Diese Arten von repetitiven Aufgaben wurden eingesetzt, um Macht und Kontrolle über die Gefangenen auszuüben.

Sowohl in Leopolds Kiste als auch in der historischen Bedeutung der „Arca“ als hölzerne Truhe für Bücher finden sich fesselnde Parallelen. Beide dienen als metaphorische Darstellungen des Gedächtnisses und erinnern uns daran, dass Erinnerungen und Geschichten oft in physischen oder symbolischen Behältern aufbewahrt werden. Die „Arca“ war eine hölzerne Truhe, die ursprünglich zur Aufbewahrung von Wertgegenständen verwendet wurde, aber aufgrund ihrer Verwendung für Bücher auch als tragbare Bibliotheken angesehen wurde. Bevor größere Bibliotheken in Klöstern eingerichtet wurden, waren diese Buchträger eine Schlüsselmetapher des Gedächtnisses.19 Aleida Assmann betrachtet derlei „Gedächtniskisten“ als „räumliche Konkretisierung von Erinnerung.“ 20

Leopolds Kiste fungiert als Bewahrer von Wissen, als ein Behälter des Gedächtnisses und als Speicher für Lebenserfahrungen. Das Festhalten an Erinnerungen wird in A als ein Akt des Widerstands gegen die Entmenschlichung und Unterdrückung des Systems dargestellt. Das Gedächtnis wird als ein wertvolles Gut präsentiert, dass die Hoffnung bewahrt und eine Verbindung zur Menschlichkeit in einer grausamen Umgebung aufrechterhält. Leopolds Kiste ist der zentrale Ort, an dem er Erinnerungen und persönliche Gegenstände aufbewahrt, die seine Verbindung zur Vergangenheit, Familie und Heimat symbolisieren. Inmitten der Schrecken des sowjetischen Gulag-Systems wird die Kiste zu einem Zufluchtsort, der Leopolds geistige Gesundheit und Menschlichkeit bewahrt. Das Festhalten an der Kiste reflektiert Leopolds starken Wunsch, seine Identität und Würde zu bewahren, während die darin aufbewahrten Gegenstände tiefe Bedeutung haben und kostbare Erinnerungen an bedeutende Lebensmomente repräsentieren.

In Foucaults genealogischen Schriften werden verschiedene Technologien oder Technologiekategorien identifiziert, die auf die Ebene des Körpers einwirken. Diese Körper sind auf vielfältige Weise politisch bedeutsam. Foucault veranschaulicht dies beispielhaft anhand der Disziplinarmächte, wie sie in „Überwachen und Strafen“ beschrieben werden. Diese Mächte formen den Körper zu einer Arbeitskraft und verwandeln ihn in einen produktiven und unterwürfigen Körper. Dies kann als Mikrophysik der Macht betrachtet werden, die eine detaillierte politische „Besetzung des Körpers“ 21darstellt. Diese Unterwerfungs- und Besetzungsverfahren können als Ausdrücke des Wissens über den Körper betrachtet werden und dienen dazu, seine Kräfte zu kontrollieren.22

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Techniken nicht nur dazu dienen, den Körper zu unterwerfen. Sie stellen auch eine Verbindung zum Individuum her. Die Technologien, die auf den Körper abzielen und ihn formen, etablieren somit auf der Ebene des Körpers eine Verbindung zum Subjekt. Eine ähnliche Interpretation dieser körperbezogenen Verfahren der Subjektivierung findet sich in A, wo sie als „Formierung einer Körperrealität“ beschrieben werden. Dies bedeutet, dass in der Formierung einer Körperrealität nicht nur der Körper selbst entsteht, sondern auch die individuelle historische Realität des Subjekts als Körpersubjekt, als jemand, der physisch existiert.23

Im Lager spielt die Arbeit eine bedeutende Rolle im täglichen Leben der Häftlinge. Sie dient dazu, die Insassen aktiv zu halten und sie in einen geregelten Ablauf zu integrieren. Die Arbeit fungiert dabei als Grundlage für Ordnung und Kontinuität. Weil sie Anforderungen stellt, wird aber auch eine beinahe unsichtbare, aber strenge Autorität durchgesetzt. „Sie ist ein Prinzip der Ordnung und Regelmäßigkeit; durch ihre Anforderungen setzt sie kaum spürbar eine rigorose Gewalt durch“.24

Man kann sagen, dass die Arbeit in ihrem Wesen das Gewand der Ordnung und den Takt der Regelmäßigkeit und die Macht trägt, selbst in den düsteren Hallen der Lager. Gleichzeitig verbirgt sie in ihrem Schatten eine verborgene Macht. Ihre Macht manifestiert sich in der Kontrolle über diejenigen, die sich ihr ohne Wahl oder Freiheit unterwerfen müssen. Diese verborgene Kontrolle bildet im Allgemeinen ein zartes Gefüge zwischen Pflicht und Freiheit, aber in den Lagern ist dieses Gewebe oft von den Herausforderungen und Schwierigkeiten brüchig und zerrissen. Die Arbeit webt Strukturen und Muster in das Leben der Gefangenen, und sie kann die Fäden ihrer Freiheit enger zusammenziehen, verringern oder sogar dauerhaft auflösen, wenn sie nicht vorsichtig sind. Auf diese Weise zeigt sich die komplexe und oft grausame Symphonie der Arbeitswelt in den Lagern, in der die Gefangenen gezwungen sind, sich den harten Aufgaben zu unterwerfen, die mit Pflichten und Entbehrungen durchzogen sind.

Die Beschreibung des Schaufelns sowohl Tanz als auch als Fechten verdeutlicht die Ambivalenz der Handlung. Das Schaufeln erzeugt einerseits Wärme an einem kalten Tag, gleichzeitig aber zehrt es am Körper durch die repetitive Arbeit, was Schmerzen verursacht. Diese Ambivalenz spiegelt die komplexe Natur des Lebens im Lager wider. Herta Müller nutzt positive und negative Metaphern, um die Komplexität der Begriffe Hunger und Arbeit darzustellen. Vor allem eine Distanz zu diesen unterdrückenden Ritualen. Menschen werden durch diese Wiederholung der Gesten von ihrem Denken enteignet. Der Hungerengel und die Herzschaufel werden in unkonventionellen Assoziationen beschrieben, was zu einer neuen Perspektive auf Arbeitslager, Hunger und körperliche Arbeit führt. Insgesamt stellt Müller Normen in Frage und verleiht den Begriffen eine vielschichtige Bedeutung.

Die Häftlinge müssen darauf achten, den trockenen Zement nicht vom Wind verwehen oder im Regen nass werden zu lassen. Diese Beschreibung vermittelt die Kostbarkeit von Ressourcen im Lager, gegenüber den veraditeten Kräften. Was aber damit alle Wertskala umkehrt; der verdinglichte menschliche Körper wird hier ironisch parodiert. Herta Müller denunziert auch eine Zooifizierung menschlicher Körper und Empfinden. Dieser metaphorische Begriff bezieht sich auf die Entmenschlichung und Objektivierung von Individuen, indem sie wie Tiere im Zoo behandelt werden. Er verdeutlicht, dass Menschen Bedingungen ausgesetzt sind, die sie ihrer Menschlichkeit berauben und zu bloßen Objekten degradieren. Im Roman werden insbesondere die degradierende und unmenschliche Behandlung von Menschen in unterdrückerischen Umgebungen wie Arbeitslagern oder während politischer Verfolgungsperioden thematisiert.

Die Baracke als Gedächtnisort im Herta Müllers A illustriert die Verbindung zwischen dem Begriff „Macht“ und Michel Foucaults Konzept des „Panoptismus“. Foucault beschreibt in seinem Werk „Überwachen und Strafen“ das Panopticon als eine institutionelle Struktur, bei der Insassen in einer zentralen Kontrollstelle beobachtet werden können, ohne dass sie wissen, wann und ob sie beobachtet werden. Diese ständige Möglichkeit der Überwachung erzeugt ein Gefühl der Selbstkontrolle und Disziplinierung bei den Insassen und eine erzwungene Disziplinierung ihrer Körper.

„Das Panopticon ist ein Gebäude, in dem ‚Irre‘, Kranke, Sträflinge, Schüler, Arbeiter untergebracht und gezüchtigt werden. Diese sind in ihren Zellen auf Grund der räumlichen Anordnung ständig sichtbar ; dabei werden sie gesehen, ohne selber etwas zu sehen.25 Die Hauptwirkung des Panopticon ist demnach die Schaffung eines bewußten und permanenten Sichtbarkeitszustandes beim Gefangenen, der das automatische Funktionieren der Macht sicherstellt.“26

Im Panoptismus verbindet Foucault die Disziplinierung mit einem Gesellschaftsmodell.

„Das moderne Individuum ist für Foucault das Produkt einer Machttechnik, für die es sowohl Objekt wie auch Instrument ist. Diese Technik, dieses ‚Mittel der guten Abrichtung’, ermöglicht die totale und hierarchisch gegliederte Überwachung und ist dabei vor allem auf eine Architektur angewiesen, welche keine Schlupfwinkel kennt und die Untertanen für immer ans Licht bringt.“27

Foucault betont die wesentliche Rolle der Architektur bei der Überwachung. Gebäude als „Orte“ beeinflussen das Verhalten der Menschen und kontrollieren es, insbesondere in Institutionen wie Schulen, Kasernen und Spitäler28 Diese Räume sind darauf ausgerichtet, Körper zu disziplinieren.29 Foucault beschreibt ein Netzwerk, das alle Individuen erfasst und sich in alle Richtungen erstreckt. Es ist eine Selbstüberwachungsmaschinerie der Macht mit einer pyramidenförmigen Struktur und einer Spitze.30

Im Roman A wird die Macht der Unterdrückung und Entmenschlichung in den sowjetischen Arbeitslagern als Instrument der Produktivität dargestellt. Das totalitäre Regime nutzt eine Palette von Methoden wie systematische Kontrolle, körperliche Gewalt und psychologische Manipulation, um die Identität der Gefangenen zu erodieren und ihre Widerstandsfähigkeit zu zerbrechen. Die Verwaltung der Lager überwacht nicht nur die physischen Bewegungen der Gefangenen, sondern infiltriert auch ihre Gedanken und Gefühle. Durch das Erzwingen der Aufgabe von Identität, Vergangenheit und Sprache der Gefangenen wird die Machtausübung offenkundig. Die Figuren sind gezwungen, ihre Menschlichkeit trotz der allgegenwärtigen Macht der Lager zu bewahren, während sie gegen die Vereinnahmung kämpfen. In RB veranschaulicht Herta Müller die Effizienz der Macht auf eine subtile Weise, indem sie die psychologischen Folgen der Unterdrückung und permanenten Überwachung in einer repressiven Gesellschaft beleuchtet. Die Macht der sozialen Normen und der stetigen Beobachtung dringt tief in die Gedanken und Emotionen der Hauptfigur Irene ein. Sie verspürt ständige Überwachung und Kontrolle, was zu innerer Unruhe, Paranoia und Unsicherheit führt. Die Macht der Umgebung zwingt sie förmlich dazu, sich anzupassen und eine doppelte Identität zu entwickeln, um ihre wahren Gedanken zu schützen. Die Effektivität der Macht manifestiert sich darin, wie sie Irenes individuelle Selbstwahrnehmung und Verhalten beeinflusst.

4. Im Labyrinth der Identitätssuche und das Gefühl des Dazwischenseins

RB entwirft ein eindrucksvolles Bild der Fremdheit, die die Hauptfigur Irene umgibt. Zu Beginn des Buches trennt sie sich von ihrer Heimat, einem Ort, der von einem Diktator in strenger Hand gehalten wird. In diesem totalitären Staat war die Fremdheit durch Unterdrückung und ständige Überwachung erzeugt. Mit der Hoffnung, in einem neuen Land endlich ein Leben in Freiheit führen und ihre wahre Identität entfalten zu können, begibt sich Irene auf eine Reise des Neubeginns. Der Übergang von Irenes Heimat ins Ausland markiert einen Wendepunkt, der das Gefühl der Erlösung und Hoffnung in ihr hervorbringt. „Zwischen den kleinen Dörfern unter Radarschirmen, die sich in den Himmel drehten, standen Soldaten. Hier war die Grenze des anderen Landes gewesen. Die steile Küste, die halb in den Himmel reichte, das Gestrüpp, der Strandflieder waren für Irene das Ende des anderen Landes geworden“ 31Im Zitat wird deutlich, dass Irene zweimal den Ausdruck „das andere Land“ anstelle von „Heimat“ oder „mein Land“ verwendet.

Diese Wahl veranschaulicht ihre Ablehnung, sich als Bürgerin des anderen Landes zu sehen. Stattdessen fühlt sie, dass ihre Bewegungsfreiheit außerhalb des anderen Landes liegt und über „die Grenze“ hinausreicht. Während sie einst „die Grenze“ als räumliche Trennung wahrgenommen hat, wird sie nun zu einem symbolischen „Ende“ in zeitlicher Hinsicht. Irenes Verwendung des Begriffs „das andere Land“ unterstreicht ihre Distanz zu Rumänien und verdeutlicht, dass ihr Land nie ihre Heimat war. Vielmehr empfand sie es stets als „zweite Wahl“ . Das Konzept das „andere Lande“ verleiht dem Land eine symbolische und metaphorische Bedeutung.

Der Text verzichtet möglicherweise darauf, das Herkunftsland der Hauptfigur direkt zu nennen, um eine allgemeinere und symbolische Ebene zu schaffen. Indem das Land anonym bleibt, kann es als Repräsentation für verschiedene Länder, Orte, Situationen oder Erfahrungen dienen. Die Idee des „anderen Landes“ kann als Mittel sein, das Gefühl der Entfremdung und des Verlusts der eigenen Identität zu vermitteln. Indem das Land namenlos bleibt, bleibt es zugleich ungreifbar und undefiniert, ähnlich wie die eigenen Gefühle der Hauptfigur. Es kann aber auch auf andere Realitäten übertragen werden.

Die Hauptfigur der Erzählung strebt im neuen Land nach einer neu definierbaren Zugehörigkeit, die Stabilität bieten soll. Sie versucht, diese Verbindung vor allem durch ihre Beziehungen zu den drei Männern Franz, Thomas und Stefan zu erreichen, wobei ein Spiel der vermeintlichen Annäherung in Gang gesetzt wird. Irenes Bestrebungen in Franz‘ Nähe möglicherweise Liebe zu finden, werden im Laufe der Erzählung durch Karten und wiederholte Reisen nach Marburg betont. Doch trotz dieser Bemühungen und trotz ihrer anfänglichen Hoffnung nehmen die Andeutungen auf ein Ende zu, was zu einer wachsenden Entfremdung zwischen ihr und den Männern führt. Diese Entfremdung projiziert sich auch auf Stefan und Thomas.

In RB manifestiert sich das Gefühl der Entfremdung der Hauptfigur Irene durch die Darstellung der Stadt als eine Kulisse der Isolation und des Verlusts von Zugehörigkeit. Die Stadt wird zu einem Raum der Fremdheit, in dem Irene sich nicht nur räumlich, sondern auch emotional entfremdet fühlt. Die Stadt agiert als Spiegel für Irenes inneren Zustand. Ihre psychologische Isolation und das Verlangen nach Identität und Nähe werden durch die Darstellung der Stadt vermittelt. Die Straßen, Gebäude und Menschen in der Stadt scheinen wie fremde Elemente, die sie umgeben. Die geschäftige und hektische Atmosphäre der Stadt verstärkt ihr Gefühl der Abgeschiedenheit, da sie sich inmitten des Trubels dennoch allein fühlt.

Die Stadt wird zum Schauplatz des Verlusts von Zugehörigkeit und des Kampfes, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Die Straßen, die sie entlanggeht, spiegeln die inneren Konflikte, die sie erlebt, wider. Die Menschen, denen sie begegnet, wirken distanziert und unpersönlich, was ihre Suche nach Verbundenheit und Nähe noch verstärkt. Durch den von ihrer Heimat mitgebrachten „fremden Blick“ erfährt die Hauptfigur Unsicherheit und Verwirrung, die ihr Gefühl der Fremdheit verstärken. Sie lebt in einem begrenzten Bewegungsraum, wo ihre Entwicklung gehemmt wird. Um dieser Enge zu entkommen, nutzt sie die Collage und ein Spiel der erfundenen Wahrnehmung als Überlebensstrategien. Diese sollen helfen, das innere Chaos zu kontrollieren. Trotzdem zeigt die Protagonistin bis zum Schluss der Erzählung eine anhaltende Suche nach ihrer Identität.

Die Verwendung des Begriffs „Grenze“ im Roman reflektiert die Ambivalenz der Hauptfigur. Ähnlich der physischen geografischen Grenze ist auch sie innerlich zerrissen und sprachlich mit beiden Seiten verbunden. Die Grenze wie Lotman sie definiert ist, verbindet oder trennt zwei benachbarte Kulturen und Semiosphären.

„Die Grenze grenzt immer an etwas und gehört folglich gleichzeitig zu beiden benachbarten Kulturen, zu beiden aneinander grenzenden Semiosphären. Die Grenze ist immer zwei- oder mehrsprachig.“ 32

Der urbane Raum in Westberlin spielt in der Erzählung nicht nur eine physische Rolle, sondern spiegelt auch Irenes Gedanken- und Gefühlswelt wider. Dies lässt sich gemäß Sojas Theorie in drei Raumkonzepten, Firstspace, Secondspace und Thirdspace, erkennen.33 Der Firstspace repräsentiert den erfassbaren geographischen Raum, den Irene durch ihre Spaziergänge erkundet. Sie nutzt Verkehrsmittel, besucht Orte wie Parks und Läden, und beobachtet die Menschen in ihren alltäglichen Aktivitäten im Stadtraum. Dabei achtet sie auch auf die Verteilung von Objekten im Raum. Irene lädt den urbanen Raum zu ihren eigenen Vorstellungen und Emotionen auf, indem sie bestimmten Orten eine besondere Bedeutung zuschreibt. Diese emotionale Zuordnung zu Orten wird als Secondspace als ein symbolischer Raum bezeichnet, der ihren subjektiven Empfindungen entspricht. Durch diese Zuweisung von Emotionen schafft sie einen mentalen Raum als (Secondspace), der ausschließlich aus ihrer eigenen Perspektive heraus verstanden werden kann.

In Herta Müllers Erzählung RB wird Irene als eine Art Flaneurin34 im Sinne von Walter Benjamin dargestellt. Dies bedeutet, dass sie sich in gewisser Weise wie eine Fremde fühlt, wie es Benjamin in seiner Beschreibung des Flaneurs betont hat. Die Geschichte dreht sich stark um Irenes Gefühl der Isolation und Ausgeschlossenheit. Sie hat das Gefühl, dass sie nicht wirklich dazu gehört, und sie scheint von der Zeit und dem Raum abgeschnitten zu sein. Irene fühlt sich von der Gesellschaft, den Menschen, den Städten und den Wohnungen, in denen sie sich aufhält, entfremdet. Sie ist in gewisser Weise ausgeschlossen, oder in einem Abseits.

Laut Walter Benjamin ist das Motiv des Flaneurs nicht nur mit Isolation verbunden, sondern auch mit einer Beobachtungsposition, die aus dieser Außenseiterrolle resultiert. Der Flaneur beobachtet die Welt um sich herum oft aus einer distanzierten Perspektive, und kann dadurch eine Art produktive Außenperspektive einnehmen. In der Erzählung verkörpert Irene das Konzept des Flaneurs, durch den sie sich als Fremde und Ausgeschlossene fühlt und gleichzeitig die Welt um sie herum beobachtet und interpretiert. Ihre Isolation ermöglicht ihr eine einzigartige Sichtweise auf die Dinge, die oft produktiv und tiefgründig ist.

Der Titel RB ist implizit, da eine Geschichte, die von einer oder mehreren Personen handelt, die auf Reisen sind. Allerdings ist ihre Art des Reisens unkonventionell, da diese Personen sich nicht vollständig auf die Reise einlassen, sondern irgendwie ein Bein zurücklassen. In diesem Fall dreht sich die Geschichte um die Hauptfigur Irene, eine Person, die zwar physisch in ein neues Land reist, aber emotional und geistig immer noch stark mit ihrem Heimatland verwurzelt ist. Irene verlässt ihr vom Diktator beherrschtes Heimatland und begibt sich auf die Suche nach einem neuen Leben in einem fremden Land. Trotz ihrer Sehnsucht nach einem Neuanfang stellt sich das Leben in der Fremde als enttäuschend heraus, und sie fühlt sich wieder heimatlos, da die Fremdartigkeit ihrer Umgebung sie bedrückt.

Irene ist jemand, der physisch in einem neuen Land angekommen ist, aber emotional und mental immer noch dem alten Land verhaftet geblieben ist. Sie hat ihr altes Leben zurückgelassen, aber es fällt ihr schwer, in ihrem neuen Leben Fuß zu fassen. Ihre Unsicherheit und die ständigen Gedanken an ihre Vergangenheit beeinflussen ihre Lebensqualität, und sie weigert sich, sich wirklich auf ihre neue Umgebung einzulassen. Sie balanciert zwischen ihrer physischen Präsenz in einem neuen Land und ihrer emotionalen Verbundenheit mit dem alten Land. Mit anderen Worten, Irene ist symbolisch eine Reisende auf einem Bein. Irenes Orte sind „die Straßen der Stadt“, was bedeutet, dass Irene keine festen Wohnorte oder Orte hat, an die sie gebunden ist. Sie ist auf der Suche nach etwas, sei es einem besseren Leben oder einer Flucht vor einer bedrückenden Situation, und deshalb bewegt sie sich ständig von einem Ort zum anderen: Der Zustand der Ortslosigkeit prägt Irenes Denk-und Sichtweise.

Schuhe fungieren als Symbol für das Verlassen eines geschützten Innenraums und stehen im Zusammenhang mit der Thematik der Fortbewegung. Die selten von Irene abgelegten Schuhe unterstreichen nicht nur ihren Status als Dauerreisende, sondern weisen auch auf ihre Unsicherheit hin, auf ihre zerbrechliche Position in der Stadt. Ihre Lebensweise als ständig Reisende beeinflusst ihre Art zu denken und die Art und Weise, wie sie die Welt wahrnimmt. Sie ist möglicherweise von einem Gefühl der Entwurzelung und Unsicherheit geprägt, da sie keine feste Heimat hat. Diese Ortslosigkeit kann dazu führen, dass sie die Welt anders sieht und ihr Blick auf das Leben von der ständigen Bewegung und Veränderung geprägt ist.

In Herta Müllers Erzählung RB spielt auch die Kneipe eine wichtige Rolle als Kommunikationsraum und Zwischenraum, in dem gesellschaftliche Regeln umgangen werden können. Dies wird besonders deutlich in einer Szene, in der Irene Franz in einer Kneipe in einem namenlosen Dorf trifft. In dieser Kneipe versammeln sich Kinder um Franz, der betrunken auf dem Boden liegt. Interessanterweise haben Kinder in diesem Land Zugang zu zwielichtigen Orten, Nichtorte, weil in denen sich Betrunkene und Dissidenten namenlos aufhalten.

Auch in Westberlin besucht Irene mehrmals Kneipen, manchmal allein und später mit Stefan. Die Kneipe dient hier als sozialer Treffpunkt, der individuelle Freiheit ermöglicht und es Irene erlaubt, sich von der Gesellschaft zu distanzieren und als Einzelindividuum mit anderen zusammen zu kommen oder dennoch empfindet Irene die Atmosphäre in der Kneipe oft als erstickend, da die Anwesenden meist in monotone Aktivitäten wie „Schauen und Trinken“ vertieft sind. Für Irene ist der Kneipenbesuch nicht unbedingt ein Verlangen nach Kommunikation, sondern eher das Bedürfnis nach einem Ort ohne gesellschaftliche Normen, an dem sie sich selbst besser positionieren kann.

In einer hektischen Großstadt, in der Anonymität den öffentlichen Raum beherrscht, bietet die Kneipe einen Ort für vertrauliche Gespräche und persönliche Kontakte. Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass die Kneipe nicht nur ein Ort der Isolation und Flucht vor der Gesellschaft ist, sondern auch der Begegnung. Irene hat auch Momente der offenen Kommunikation, wie zum Beispiel, sie einen Italiener traf und über Heimatlosigkeit spricht. Dies zeigt, dass die Kneipe auch als Ort der Integration und interkulturellen Kommunikation fungiert, insbesondere für Menschen, die sich in einer fremden Umgebung als Außenseiter fühlen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kneipe in RB sowohl ein Ort der Flucht vor gesellschaftlichen Regeln als auch ein Raum für individuelle Freiheit und interkulturelle Kommunikation ist. Ein Unort, ein Ort der Offenheit ist. Irene nutzt die Kneipe als Ort, um sich selbst zu finden und mit anderen in Kontakt zu treten, besonders mit denen, die sich ebenfalls als Außenseiter fühlen.

Fazit

Die Darstellung des Gedächtnisortes in Herta Müllers Romanen RB und A geht über die individuellen Erfahrungen der Protagonisten hinaus und spiegelt vielmehr die gemeinsamen Erinnerungen und Traumata einer ganzen Generation wider. Diese Werke erinnern uns eindrücklich daran, wie wichtig es ist, unsere Vergangenheit zu verarbeiten und zu verstehen versuchen sollen, um die Gegenwart und die Zukunft bewusst zu gestalten, und sie auch unsere Zukunft bestimmt Die Gedächtnisorte sind Grenzüberschreitend und werden oft von einem Körper heraufgerufen. An den Figuren in Herta Müllers Geschichten, die ihre Gedächtnisorte erkunden, wird deutlich, dass die traumatischen Erfahrungen zeitlich grenzüberschreitend sind und niemals vergehen. Der Gedächtnisort dient dazu, sowohl die Realität der Insassen im Arbeitslager als auch die Erfahrungen in Rumänien aktuell zu halten. Die Protagonistin Irene organisiert ihre Erinnerungen auf emotionale Weise, indem sie ihr Heimweh in Kategorien wie Landschaften, Staat, Behörden und Freunde aufteilt. Dies ist vergleichbar mit der Buchführung eines halben Lebens, bei der stille Akten in fremden Regalen aufbewahrt werden.35 In einem weiteren Sinn kann man diese Art der Organisation als Gedächtniskisten nach Assmann Verständnis, in denen die Erinnerungen wie in einem geordneten Regal mit Fächern nach subjektiven Kriterien klassifiziert werden. Das Wissen über die Politik, die Geschichte des anderen Landes und die Erfahrungen mit dem dort herrschenden dominanten Regime werden den individuellen positiven Erinnerungen gegenübergestellt. Auf diese Weise wird das Kollektive mit dem Individuellen aufbewahrt und verarbeitet.

1 Im Folgenden als „A“ abgekürzt.

2 Vgl. Betea,Lavinia. Der weite Weg ins Ungewisse. Die Deportation der Deutschen aus Rumänien in die Sowjetunion. Verlag München, Landsmannschaft der

3 Müller, Herta. Atemschaukel. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag. 2011. S. 44.

4 Im Folgenden als „RB“ abgekürzt.

5 Vgl. Dascalu, Bogdan Mihai. 2004. Held und Welt in Herta Müllers Erzählungen. Hamburg : Verlag Dr. Kovač (Studien zur Germanistik 6). 2004. S.21.

6 Die Romane „Herztier“ (1994) und die Erzählungen „Heute wär ich mir lieber nicht begegnet“ (1997) von Herta Müller bieten tiefen Einblicke in das

7 Foucault, Michel. Dispositive der Macht, Über Sexualität, Wissen und Wahrheit, Berlin: Merve. 2008. S. 71.

8 Vgl. Ebenda, S. 71.

9 Vgl. Ebenda, S. 71.

10 Vgl. Maset, Michael. Diskurs, Macht und Geschichte. Foucaults Analysetechniken und die historische Forschung. Frankfurt/Main: Campus Verlag. 2002.

11 Foucault, Michel, Analytik der Macht, Hrsg. v. Daniel Defert Francois Ewald unter Mitarbeit von Jaques Lagrange, Frankfurt: Suhrkamp. 2005. S. 54.

12 Ebenda, S. 240.

13 Schmitt, Carl. Gespräche über die Macht und den Zugang zum Machthaber. 1994. S. 13.

14 Foucault prägt den Begriff des Archivs im Sinne jener Diskursformationen, die bestimmend für das Wissen eines bestimmten Zeitraumes sind. Vgl.

15 Müller, Herta. Atemschaukel. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag. 2011. S.86.

16 Müller, Herta: Atemschaukel. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag. 2011. S.88.

17 Ebenda, S.88.

18 Ebenda, S.148.

19 Assmann,Aleida, Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses, München: C. H. Beck. 1999. S. 117.

20 Ebenda, S. 114.

21 Vgl. Foucault, Michel. Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt/Main. 1994. S. .178

22 Vgl. Ebenda, S.37.

23 Vgl. Gehring, Petra. Die Philosophie im Archiv. Frankfurt/Main. 2004. S.88.

24 Foucault, Michel. Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt/Main : Suhrkamp Verlag.1994. S. 310.

25 Foucault, Michel. Überwachen und Strafen : die Geburt des Gefängnisses. Auflage 13. Frankfurt a. M. Suhrkamp Verlag. 2001. S. 173.

26 Ebenda, S. 173.

27 Marti, Urs. Michel Foucault. Reihe Denker. München. Beck Verlag. 1999. S. 92.

28 Foucault, Michel. Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses. Auflage 13. Frankfurt a. M. Suhrkamp Verlag. 2001. S. 173.

29 Vgl. Ebenda, S. 222ff.

30 Vgl. Ebenda, S. 229.

31 Müller, Herta. Reisende auf einem Bein. Fischer Verlag. Berlin. 1995. S. 7.

32 Lotman, J. M. Die Innenwelt des Denkens. Eine semiotische Theorie der Kultur. Frankfurt am. Main. Suhrkamp, 2010, S. 182.

33 Vgl. Soja, Edward. Thirdspace – Die Erweiterung des Geographischen Blicks. Übers. v. Y. Klöpper u. P. Reuber. Hrsg. v. Hans Gebhardt, Paul Reuber

34 Charles Baudelaire (1821-1867) prägte den „Flâneur“ und ergründete in seinen Gedichten das urbane Leben, die Menge und die Metamorphose der

35 Müller, Herta. Reisende auf einem Bein. Fischer Verlag. Berlin. 1995. S.84.

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1 Im Folgenden als „A“ abgekürzt.

2 Vgl. Betea, Lavinia. Der weite Weg ins Ungewisse. Die Deportation der Deutschen aus Rumänien in die Sowjetunion. Verlag München, Landsmannschaft der Banater Schwaben. Übersetzung aus dem Rumänischen: „Lungul drum spre nicăieri Germanii din România deportați în URSS“ 2012. Hier S. 14ff.

3 Müller, Herta. Atemschaukel. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag. 2011. S. 44.

4 Im Folgenden als „RB“ abgekürzt.

5 Vgl. Dascalu, Bogdan Mihai. 2004. Held und Welt in Herta Müllers Erzählungen. Hamburg : Verlag Dr. Kovač (Studien zur Germanistik 6). 2004. S. 21.

6 Die Romane „Herztier“ (1994) und die Erzählungen „Heute wär ich mir lieber nicht begegnet“ (1997) von Herta Müller bieten tiefen Einblicke in das alltägliche Leben im rumänischen Banat während der Zeit des kommunistischen Regimes. „Herztier“ konzentriert sich auf das Leben einer Lehrerin in einem Dorf, während „Heute wär ich mir lieber nicht begegnet“ Herta Müllers eigene Erfahrungen in Rumänien reflektiert und Einblicke in das Leben in den Städten und Dörfern des Banats vermittelt.

7 Foucault, Michel. Dispositive der Macht, Über Sexualität, Wissen und Wahrheit, Berlin: Merve. 2008. S. 71.

8 Vgl. Ebenda, S. 71.

9 Vgl. Ebenda, S. 71.

10 Vgl. Maset, Michael. Diskurs, Macht und Geschichte. Foucaults Analysetechniken und die historische Forschung. Frankfurt/Main: Campus Verlag. 2002. S. 80.

11 Foucault, Michel, Analytik der Macht, Hrsg. v. Daniel Defert Francois Ewald unter Mitarbeit von Jaques Lagrange, Frankfurt: Suhrkamp. 2005. S. 54.

12 Ebenda, S. 240.

13 Schmitt, Carl. Gespräche über die Macht und den Zugang zum Machthaber. 1994. S. 13.

14 Foucault prägt den Begriff des Archivs im Sinne jener Diskursformationen, die bestimmend für das Wissen eines bestimmten Zeitraumes sind. Vgl. Foucault, Archäologie des Wissens, S. 614 .„Das Archiv formiert für die Bedingungen von Aussagen einen historischen Rahmen, der zu erklären hilft, warum bestimmte Aussagen in aller Klarheit ausgesprochen wurden, andere dagegen niemals explizit ausformuliert wurden.Vgl. Foucault, Michel, Die Geburt einer Welt, S. 1000.

15 Müller, Herta. Atemschaukel. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag. 2011. S. 86.

16 Müller, Herta: Atemschaukel. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag. 2011. S. 88.

17 Ebenda, S. 88.

18 Ebenda, S. 148.

19 Assmann, Aleida, Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses, München: C. H. Beck. 1999. S. 117.

20 Ebenda, S. 114.

21 Vgl. Foucault, Michel. Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt/Main. 1994. S. .178

22 Vgl. Ebenda, S. 37.

23 Vgl. Gehring, Petra. Die Philosophie im Archiv. Frankfurt/Main. 2004. S. 88.

24 Foucault, Michel. Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt/Main : Suhrkamp Verlag. 1994. S. 310.

25 Foucault, Michel. Überwachen und Strafen : die Geburt des Gefängnisses. Auflage 13. Frankfurt a. M. Suhrkamp Verlag. 2001. S. 173.

26 Ebenda, S. 173.

27 Marti, Urs. Michel Foucault. Reihe Denker. München. Beck Verlag. 1999. S. 92.

28 Foucault, Michel. Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses. Auflage 13. Frankfurt a. M. Suhrkamp Verlag. 2001. S. 173.

29 Vgl. Ebenda, S. 222ff.

30 Vgl. Ebenda, S. 229.

31 Müller, Herta. Reisende auf einem Bein. Fischer Verlag. Berlin. 1995. S. 7.

32 Lotman, J. M. Die Innenwelt des Denkens. Eine semiotische Theorie der Kultur. Frankfurt am. Main. Suhrkamp, 2010, S. 182.

33 Vgl. Soja, Edward. Thirdspace – Die Erweiterung des Geographischen Blicks. Übers. v. Y. Klöpper u. P. Reuber. Hrsg. v. Hans Gebhardt, Paul Reuber und Günter Wolkersdorfer. In : Kulturgeographie. Aktuelle Ansätze und Entwicklungen. Berlin: Spektrum 2003. (= Spektrum Lehrbuch.) S. 269-288. Hier S. 274f.

34 Charles Baudelaire (1821-1867) prägte den „Flâneur“ und ergründete in seinen Gedichten das urbane Leben, die Menge und die Metamorphose der Großstadt. In Benjamin, Walter. 1974. Der Flaneur. In: Ders.: Gesammelte Schriften. Band I. Abhandlungen. Hrsg. Von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser. Frankfurt am Main. S. 537- 569, Hier S. 539.

35 Müller, Herta. Reisende auf einem Bein. Fischer Verlag. Berlin. 1995. S. 84.

Malika Lounissi

Université Alger 2 جامعة الجزائر

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